Die geschichtslose Ultraschallbeziehung

■ Dani Levy zeigt in seinem neuen Film „Stille Nacht“ Liebeskrampf von Leuten, die wenig Interesse wecken

Ist sie emanzipiert oder verwirrt, gierig oder spießig? Julia (Maria Schrader) wird als Hobby-Malerin mit blauer Farbe auf der Wange eingeführt. Es ist einer dieser Tage, an denen nichts gelingen will. Das Telefon fällt ihr aus der Hand, Farbe kleckst auf den Teppich. Es ist Heiligabend. Vor diesem Hintergrund hat Dani Levy mit Stille Nacht einen wenig friedlichen Beziehungs-Clinch inszeniert.

Weihnachten ist auch nicht mehr das, was es einmal war oder sein sollte. Es bleiben leere Rituale: der Karpfen in Alufolie bleibt unberührt, die Krippe steht im Pappkarton und der Mohr wird ironisch ausgewiesen. „In meine Krippe kommen keine Ausländer“, sagt Julia mit Tränen in den Augen, als sie merkt, daß diese Weihnacht besonders schief läuft.

Kein Wunder, es gibt zwei Männer in ihrem Leben. Christian (Mark Schlichter), ihr Freund, sitzt in einem Hotelzimmer in Paris, während sie Frank (Jürgen Vogel) samt Gasmaske und Baby-Öl vögelt. Die beiden sind nur mit dem Telefon miteinander verbunden – was die klaustrophobische Stimmung noch verstärkt –, und tragen zur Freude der Telekom ihre Beziehungskrise schonungslos am Telefon aus. „Ist Frank besser im Bett?“, will Christian mit der Hand in der Hose wissen und Julia versinkt in der Badewanne.

Doch wen interessieren schon die Beziehungskisten von Figuren, die weder eine Geschichte noch eine Zukunft bekommen? So ist Stille Nacht nicht nur ermüdend, sondern kurzsichtig. Als ob es nur darauf ankäme, zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Körperteile zu berühren? Sie drehen sich doch gerade deshalb im Kreis, weil es nicht um Werte, Freunde, Jobs, Eltern geht. Das alles haben Julia und Christian nicht, zumindest reden sie in ihrem Geplapper nicht davon.

Stattdessen Gefühlswiederholungen. Emotionale Loops. Unterbrochen nur von Dani Levys Suche nach der grotesken Szene, wenn Frank als Weihnachtsmann in der Telefonzelle onaniert. Dann blitzt immerhin etwas von dem Witz aus Levys sympathischen, kleinen Komödien auf. Aber eben nur der Restwitz von RobbyKallePaul.

Und die Medien, die der moderne Metropolitane anhäuft, kommentieren das Treiben. Die Dias werden wie Masken der Erinnerung an die Wand geworfen und stehen symbolträchtig zwischen dem Paar. Im Fernsehen gibt es Die 3 von der Tankstelle und andere flimmernde Idyllen als Gegenwelten zum Treiben der Drei. Und schließlich übermittelt das Fax eine Ultraschallaufnahme vom Baby im Bauch und alles ist wieder friedlich in der stillen Nacht. Von wegen emanzipiert. Volker Marquardt

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