Haft für rechte Bombenleger

■ Oberstes Gericht in Johannesburg verurteilt Mitglieder der „Afrikaner Widerstandsbewegung“

Johannesburg (taz) – Am Morgen des 28. April 1994, dem Tag der ersten freien Wahlen in Südafrika, geht auf dem Internationalen Flughafen von Johannesburg eine Autobombe hoch. 18 Menschen werden schwer verletzt, ein Teil des Gebäudes stürzt ein. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer in Südafrika, und die schlimmsten Befüchtungen der vergangenen Wochen scheinen bestätigt. Die extreme weiße Rechte, die „Afrikaner Widerstandsbewegung“ (AWB) setzt alles daran, um das Land in Angst und Chaos versinken zu lassen und beginnt den historischen Tag auf ihre Weise: mit Bomben. Der Sprengsatz auf dem Flughafen war der letzte einer Reihe von Anschlägen, bei denen in den Wochen vor der Wahl im Großraum Johannesburg 20 Menschen getötet worden waren.

Gestern verkündete der Oberste Gerichtshof von Johannesburg das Strafmaß im Prozeß gegen 18 Beschuldigte. Angeklagt worden waren die Männer wegen Mordes, versuchten Mordes, Sachschaden in Höhe von rund 30 Millionen Mark und illegalen Waffenbesitzes. Am Freitag vergangener Woche hatte das Gericht neun von ihnen für schuldig befunden – vier davon in Abwesenheit, weil sie aus dem Gefängnis geflohen waren. Fünf von ihnen wurden gestern zu je 26 Jahren Haft verurteilt.

Im südafrikanischen Strafrecht wird das Strafmaß nicht automatisch mit dem Urteil verhängt. Vor der Verkündung des Strafmaßes hatten die Angeklagten und deren Angehörige die Gelegenheit erhalten, auf mildernde Umstände zu plädieren. Fünf weitere AWB- Mitglieder wurden gestern zu Haftstrafen zwischen zwei und fünf Jahren verurteilt. Sie waren in der vergangenen Woche des illegalen Besitzes von Waffen und Sprengstoff für schuldig befunden worden.

Das Verfahren war überschattet von einem spektakulären Ausbruch. Vier der des Mordes für schuldig Befundenen gelang Anfang März das Kunststück, ihre Zellen in einem Johannesburger Gefängnis durch die Tür zu verlassen. Eine Untersuchungskommission soll aufklären, wie es dazu kommen konnte. Es besteht der dringende Verdacht, daß ihnen von Gefängnisangestellten dabei geholfen wurde. Von den Flüchtigen fehlt bislang jede Spur. Kordula Doerfler