Britische Rinder: Nur Melken erlaubt

■ EU-Agrarminister einigen sich: Britische Beef-Produkte dürfen nicht mehr auf den Tisch, in Kosmetik und Arzneimittel. Fischler will Exportverbot bald aufheben. Deutscher Alleingang gegenüber Schweiz weiter umstritten

Brüssel/Genf (taz/AFP) – Auch Agrarkommissar Fischler aus Österreich konnte den britischen Rindermästern keine Hoffnungen mehr machen. Zwar müsse das Exportverbot für ihr Rindvieh „so schnell wie möglich“ wiederaufgehoben werden, tröstete er sie gestern vor der Presse in Brüssel. Doch bis auf weiteres bleibt das Exportverbot in Kraft. Das hatten die EU- Agrarminister am Morgen nach zwei Tagen Marathonsitzung in Luxemburg zusammen mit einem umfangreichen BSE- Maßnahmenprogramm entschieden – gegen die Stimme Großbritanniens.

Der britische Agrarminister Douglas Hogg hatte wenigstens eine vorab festgesetzte Frist durchsetzen wollen. Mit sehr steifer Oberlippe teilte er mit, er habe sich nicht in der Lage gesehen, diesem Beschluß zuzustimmen. Obendrein muß er zulassen, daß demnächst ein Team von EU-KontrolleurInnen aus allen 15 Mitgliedsländern auf der Insel nachschaut, ob die Beschlüsse des Ministerrats eingehalten werden.

An erster Stelle des BSE-Maßnahmenpaketes steht das Verbot, britische Rinder, die älter als 30 Monate sind, überhaupt in die Nahrungs- und Futterkette einzuführen. Sie müssen verbrannt werden. Geschlachtet werden sie in der Regel jedoch erst am Ende ihres Arbeitslebens: Britische Milchkühe dürfen also weiterhin die Milchversorgung sichern. Ausschließlich Rinder, die jünger als 30 Monate alt sind, dürfen noch zu Nahrungsmitteln verarbeitet werden, weil bei ihnen bisher keine BSE-Symptome aufgetreten sind. Nur ihre „Sonderabfälle“, nämlich Gehirn, Rückenmark, Thymusdrüse, Mandeln, Milz und Eingeweide, landen im Feuer.

Zusätzlich hat sich die britische Regierung verpflichtet, alle Rinder aufzuspüren und „auszumerzen“, die besonders gefährdet sein könnten, etwa weil sie mit BSE- verseuchtem Tierfutter ernährt worden waren oder mit erkrankten Tieren Kontakt hatten.Den Verdienstausfall der Mäster will die EU zu 70 Prozent und die britische Regierung zu 30 Prozent ausgleichen, die „Beseitigungskosten“ tragen die Briten ganz. Diese Entschädigungsregel soll auch in anderen Ländern angewandt werden. Zudem schreibt die EU eine bessere Sterilisierung von Fleischmehlen vor.

Zur Stützung der Rindfleischpreise wird die EU im April 50.000 Tonnen Fleisch aufkaufen und einlagern. Gegen die Stimme Deutschlands und Belgiens wurde beschlossen, daß auch britisches Fleisch aufgekauft werden kann. Umstritten ist noch, ob das deutsche Einfuhrverbot für Schweizer Rinder zu halten ist. Die deutsche Delegation sieht es als Erfolg an, daß gestern kein ausdrückliches Verbot „nationaler Alleingänge“ beschlossen wurde. Agrarkommissar Fischler drohte den Deutschen dennoch mit einem Vertragsverletzungsverfahren, da auch sie sich verpflichtet hätten, „ihre Maßnahmen an die der EU anzupassen“. Die EU plant derzeit keine Maßnahmen gegen die Schweiz.

In Genf kam die Krisenrunde der Weltgesundheitsorganisation WHO zu dem Schluß, für einen direkten Zusammenhang zwischen der Rinderseuche BSE und dem Creutzfeldt-Jakob-Syndrom gebe es „derzeit keine Beweise“. Trotzdem forderte sie die Regierungen angesichts der Verunsicherung der Verbraucher auf, keinerlei Produkte auf den Markt gelangen zu lassen, bei denen auch nur der Verdacht einer BSE-Infektion bestünde.

Mit scharfer Kritik haben Virologen und Neurologen auf Vorwürfe reagiert, das Problem des Rinderwahnsinns werde in Deutschland „vertuscht“. Gemeinsam wiesen sie die Behauptung des Mainzer Neurologen Prof. Hanns C. Hopf zurück, hierzulande gelangten BSE-verseuchte Rinder in Schlachthöfe. Das hatte Hopf in der Mainzer Allgemeinen Zeitung behauptet. Ch. Rath Seiten 10 und 11