■ 5. Jahrestag der Kurden-Schutzzone könnte der letzte sein: Saddam ante portas
Am fünften Jahrestag der Operation „Provide Comfort“, die nach dem Ende des Golfkrieges den Schutz der irakischen Kurden vor Saddam Hussein sicherstellen soll, wird keine Freude aufkommen. Der Türkei ist die fast 2.000 Mann starke alliierte Truppe, die auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationiert ist und die Lufthoheit nördlich des 36. Breitengrades kontrolliert, lästig geworden. Vergangene Woche stimmten gerade noch 243 türkische Parlamentarier für eine dreimonatige Verlängerung ihres Mandats, 199 stimmten dagegen. Und es soll die letzte Verlängerung sein. Vor fünf Jahren dagegen – der Golfkrieg war zu Ende gegangen, und Millionen irakische Kurden flohen aus Angst vor Saddam Husseins Truppen in die Türkei und den Iran – zweifelte kaum einer an der Mission von „Provide Comfort“.
Der türkische Widerwille gegen die Truppe ist allzu verständlich. Während der türkische Staat mit militärischer Gewalt die kurdische Guerillabewegung PKK bekämpft und dem kurdischen Widerstand im eigenen Lande den Garaus machen will, soll er im Nordirak Verhältnisse unterstützen, die von Vorteil für die kurdische Guerilla sind.
Die Amerikaner haben mit dem Golfkrieg der verbündeten Türkei das Chaos eingebrockt. Zum einen beendeten sie den Krieg so rechtzeitig, daß Saddam nicht stürzte und somit zumindest formal die territoriale Integrität des Irak erhalten blieb. Auf der anderen Seite konnte der Verbündete Türkei nicht Millionen flüchtende irakische Kurden aufnehmen – deshalb wurde der Luftwaffe Saddam Husseins das irakische Kurdengebiet zur Verbotszone erklärt.
Die Kurden im Irak machten sich alsbald daran, eigene politische Strukturen – ja sogar ein Parlament – aufzubauen. Faktisch hat sich ein instabiler, diplomatisch aber nicht anerkannter Kurdenstaat herausgebildet. Die Amerikaner wissen nicht, was sie tun sollen. Immer wieder wird in Eintracht mit den Türken erklärt, daß die Grenzen des Irak erhalten bleiben werden. Auf der anderen Seite will man nicht, daß sich die irakischen Kurdenführer Barzani und Talabani mit Saddam Hussein einigen.
Die PKK hat von dieser Situation profitiert. Sie unterhält nicht nur Lager im Nordirak, auch ihr Einfluß unter irakischen Kurden wächst. Kein Wunder, daß die türkischen Politiker jene Tage zurückwünschen, da ein starker Irak und eine starke Türkei die Grenze quer durch Kurdistan militärisch im Griff hatten. Und Saddam wartet nur auf seine Chance. Ömer Erzeren, Istanbul
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