Mehr Kranke durch Rinderwahn befürchtet

■ Britische Forscher zur Creutzfeld-Jakob-Krankheit: Rinderwahn ist die wahrscheinlichste Ursache. Aber ein Erkrankter war seit 1991 Vegetarier

London (AP) – Britische Wissenschaftler erwarten, daß sich die vermutlich von der Rinderseuche BSE ausgelöste Creutzfeld-Jakob- Krankheit (CJK) noch ausbreiten wird. Es sei zu erwarten, daß es weitere Fälle der neuartigen CJK- Form geben werde, von der auch Menschen unter 45 Jahren betroffen sind, schreiben die Rinderwahnforscher der Universität Edinburgh in ihrem gestern veröffentlichten Beitrag für die medizinische Fachzeitschrift The Lancet.

„Unsere Beobachtungen einer bisher nicht bekannten Variante von CJK, die bislang nur bei Menschen unter 45 Jahren auftritt, gibt Anlaß zu tiefer Sorge“, schreiben die Wissenschaftler, deren Erkenntnisse die jüngste Debatte in Gang setzten. BSE sei der wahrscheinlichste Grund für die neue Form von CJK. Aber die Forscher heben hervor: „Wir betonen, daß wir keinen direkten Beweis für den Zusammenhang haben und daß andere Erklärungen möglich sind.“ Sollte es jedoch eine kausale Verbindung geben, dann seien weitere Fälle der neuen Krankheit wahrscheinlich.

Die zehn bekannten Erkrankungen seien zwischen Februar 1994 und Oktober 1995 aufgetaucht, heißt es weiter. Die acht Verstorbenen seien zwischen 19 und 41 Jahre alt gewesen, die zwei schwerkranken Überlebenden 18 und 31. Keiner der Kranken habe die für CJK üblichen Muster von Gehirnströmen aufgewiesen. Neun hätten in den zurückliegenden zehn Jahren Rindfleisch gegessen, einer sei seit 1991 Vegetarier gewesen.

Der britische Landwirtschaftsminister Douglas Hogg erklärte gestern, daß nicht alle Rinderherden auf der Insel getötet werden, in denen BSE aufgetaucht sei. Die Regierung werde eine solche systematische Schlachtung nicht zulassen. Eine solche „drakonische“ Maßnahme mindere das Ansteckungsrisiko nicht wesentlich.

In Deutschland wächst die Kritik an den EU-Agrarbeschlüssen. Bauernpräsident Freiherr von Heeremann nannte es in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung“ einen Skandal, daß das Exportverbot für britisches Rindfleisch nach sechs Wochen überprüft werden soll. Das Fleisch dürfe solange nicht exportiert werden, bis die Krankheit nachweislich ausgerottet sei.

Der Leiter des Instituts für Neuropathologie an der Universität Göttingen, Hans Kretschmar, warnte im Deutschlandfunk ebenfalls vor einer baldigen Aufhebung des Exportverbots. Zudem bestehe ein Restrisiko, da die Krankheit von Kühen auf Kälber übertragen werde, wenn nur solche Tiere geschlachtet würden, die älter als 30 Monate sind.

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Klaudia Martini (SPD) kritisierte die Entschädigung der EU für britische Landwirte als zu großzügig.