■ Rom
: Kein Zweifel am nahenden Tod

„Komisch“, bemerkte Karl Valentin 1934, als die Nazis ihren „Wahlsieg“ mit 99,87 Prozent meldeten, „mit wem i red' – immer treff' i nur die 0,13 Prozent.“ Bei Europa scheint's ähnlich zu sein: Selbst in den europhilen Ländern wie Deutschland und Italien findet man fast nur Kritik, Skepsis, mittlerweile gar Ablehnung.

Ganz einfach, sagen die Befürworter: Europa muß eben noch verbessert werden. Einverstanden. Nur, wann fangen wir damit an? Inzwischen wird alles nur noch schlimmer: Das „Europa der Arbeit“, das Beschäftigung durch „Mobilität“ garantieren soll? Mehr als 30 Millionen Erwerbslose haben wir mittlerweile, Tendenz steigend. Das „Europa der sozialen Sicherheit“? Europagesetze gibt's genug dazu – nur, die Schnitte ins soziale Netz werden immer tiefer. „Europa ohne Grenzen“ für Touristen und Lkws? Wunderbar, doch leider auch für Gangster und Dunkelmänner.

Europa hat seine Zustimmung bei den Bürgern immer nur prinzipiell erhalten, nie konkret. Das klappte so lange, wie man noch vom „Aufbau“, von „Übergangsphasen“ reden und Knirschendes durch neue Wortschöpfungen wie das famose „Subsidiaritätsprinzip“ überdecken konnte. Die Idee des „Vereinten Europa“ wurde nur zu Teilen aus dem Trauma des Weltkriegs und der Ost-West-Konfrontation geboren, vielmehr aus der sich abzeichnenden Konkurrenz mit den USA und Japan. Ein Gebilde, das sich einen Dreck um Arbeiter und soziale Sicherheit, um Randgruppen oder kulturelle Identitäten kümmerte. Erst als die Bürger dieses Europa in Frage stellten, gab es ein paar Schaufensteraktionen. Sie werden nicht mehr helfen.

Was im noch fast menschenleeren Amerika vor 200 Jahren möglich war, funktioniert bei unseren übervölkerten, konsum- und konkurrenzorientierten Staaten nicht mehr. Wo schon kleine Länder Mühe haben, ihre 30 oder 40 Millionen Einwohner zu regieren, sind künstlich geschaffene Großräume von 300 Millionen überhaupt nicht mehr zu lenken. „Europa“ war von vornherein eine Mißgeburt. Daß sie künstlich am Leben erhalten wurde, wird uns erst langsam klar. Am nahenden Tod aber ist kein Zweifel mehr.Werner Raith