Job-Beratung für Studies

■ Vermittlung für Fach- und Führungskräfte im BITZ / Die taz machte die Probe aufs Exempel / Keine Zeit und keinen Job für Kulturwissenschaftlerin

„Entschuldigen Sie, wo geht es hier zur Beratung für Akademiker, die einen Job suchen?“ „Durch die erste Glastür und dann rechts, bitte“, sagt die Empfangsdame im Bremer Innovations- und Technologie-Zentrum (BITZ) mit einem Lächeln auf den Lippen. Doch der Weg rechts hinter der Glastür führt direkt ins Freie – auf die Straße sozusagen. Wenn das kein schlechtes Omen ist.

Rund 6.500 bis 7.000 Akademiker suchen laut Kartei des Bremer Arbeitsamtes derzeit eine Arbeit. Zwei Drittel sind Bremer. Der Rest kommt aus Bremerhaven, Verden und Stade. Etwa 1.000 konnten im letzten Jahr vermittelt werden. Um noch mehr Akademikern den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern, hat das Arbeitsamt jetzt eine Vermittlung für Fach- und Führungskräfte im BITZ eingerichtet, die gestern eröffnet wurde. In direkter Nachbarschaft zur Universität wollen die Arbeitsberater mit den Studenten auf Tuchfühlung gehen. „An vier Tagen in der Woche jeweils von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 9 bis 12 Uhr stehen deshalb kompetente Ansprechpartner in allen Fragen des Arbeitsmarktes für Hochschulabsolventen zur Verfügung“, verspricht die Pressemitteilung. „Klopfen Sie hinter der Glastür rechts an die erste Bürotür“, rät die freundliche Empfangsdame der orientierungslosen Hochschulabsolventin noch einmal. Doch dort trifft die Besucherin, die sich als studierte Kulturwissenschaftlerin ausgibt, nur auf eine verdutzte Dame, die nichts von einer Vermittlung für Fach- und Führungskräfte weiß. Sie holt sich Verstärkung. Zwei Männer und eine Frau stehen schließlich um die vermeintliche Kulturwissenschaftlerin herum. „Ja, ja“, sagt einer der Männer schließlich. „Wir beraten Sie, wenn Sie eine Fortbildung nach dem Studium machen möchten. Das stimmt. Aber heute geht es nicht. Sie können sich aber einen Termin geben lassen. Dann nehme ich Ihre Daten auf, und Sie bekommen einen Termin.“ Aber steht in der Mitteilung des Arbeitsamtes nicht, daß „in der Zeit von 9 bis 12 Uhr kompetente Ansprechpartner“ für die Beratung zur Verfügung stehen? „Nein, nein“, entgegnet der Mann. „Das heißt nur, daß Sie sich in dieser Zeit einen Termin holen können. Ich hab' jetzt auch gar keine Zeit. Ich habe gerade Besuch.“

Christian Keitel, Arbeitsberater in der Fachvermittlung und für Akademiker zuständig, ist irritiert, als er den Erlebnisbericht der falschen Kulturwissenschaftlerin über die Beratungsstelle im BITZ hört. „Schreiben Sie bitte, daß das nicht so gedacht ist. Das Ergebnis wird insgesamt ein anderes sein“, verspricht er. „Das sind wahrscheinlich nur die Anfangsschwierigkeiten. Das hätte nicht so laufen dürfen.“

In der Tat hätte die studierte Kulturwissenschaftlerin im BITZ Rat finden müssen, und zwar zu allen Fragen des Arbeitsmarktes für Hochschulabsolventen – inklusive der Fortbildungen. Sogar mit Computern seien die Arbeitsvermittler vor Ort ausgerüstet. Darin seien alle freien Stellen, die für Akademiker in Frage kommen, gespeichert. Für eine studierte Kulturwissenschaftlerin stünden die Chancen allerdings eher schlecht, weiß Keitel. „Journalistin könnten Sie vielleicht werden.“ (Anmerkung der Autorin: Wer sich allerdings erst nach dem Studium um ein Volontariat bewirbt – ohne vorher im Rahmen von Praktika oder freier Mitarbeit bei Zeitungen Erfahrungen zu sammeln – hat kaum Chancen. Da nützt ein Magisterabschluß überhaupt nix). Doch nicht nur Geisteswissenschaftler hätten es schwer, tröstet Keitel. Auch Ingenieure würden immer länger nach einem Job suchen: „Vor allem die erste Stelle zu bekommen, ist nicht ganz einfach.“ Fachwissen allein reiche eben nicht. Keitel rät deshalb allen Akademikern, sich über das Studium hinaus auf den Hosenboden zu setzen: EDV-Kenntnisse, Sprachen und betriebswirtschaftliches Wissen seien gold wert. Und vor allem eins ist wichtig: Flexibilität. Weitere Tips gibt's im BITZ: montags bis donnerstags, 9 bis 12 Uhr von kompetenten Ansprechpartnern. kes