Drohendes Desaster

■ Hamburgs Arbeitsamtschef warnt vor drastischem Ausbildungsplatzmangel

„Wenn jetzt nicht Entscheidendes passiert“, so gestern Hamburgs Arbeitsamtschef Olaf Koglin besorgt, „werden wir im Herbst nicht alle BewerberInnen um Ausbildungsplätze mit Stellen versorgen können.“ Der Trend ist eindeutig: Während das Ausbildungsangebot um 6,5 Prozent einbrach, sprang die Nachfrage um 8,9 Prozent nach oben. Zwar übersteigt auf dem Papier das Angebot mit 8455 Plätzen noch die Nachfrage von 7732 Azubis – doch bis zum Ende des Ausbildungsjahres im Oktober dürfte sich das Verhältnis umgedreht haben.

Koglin bitter: „Wer heute nicht ausbildet, produziert den sozialen Sprengstoff von morgen.“ Was tun? Koglin hofft auf Lockerungen der Ausbildungsrichtlinien, die es insbesondere Kleinbetrieben schwer machen, sich „ins Ausbildungssystem zu integrieren“. Dabei gelte doch: „Beschäftigungszuwachs ist nur noch in kleinen Betrieben mit bis zu 20 Mitarbeitern zu erwarten.“

Düstere Botschaften auch vom Arbeitsmarkt: Mit offiziell 85.000 registrierten Arbeitslosen (Quote: 11,7 Prozent) ging die Arbeitslosenzahl in Hamburg zwar leicht zurück, gegenüber dem Vorjahr gab es aber einen kräftigen Schub nach oben. Im März 1995 waren mit 77.000 Menschen (Quote 10,6 Prozent) zehn Prozent weniger Menschen arbeitslos.

Der kräftige Anstieg habe mit Lafontaines Aussiedlern nichts zu tun, wie Koglin hervorhob: „Die Aussiedler sind nicht das Arbeitsmarktproblem.“ Hamburgs Arbeits- marktkrise ist dem ständigen Rückgang von Arbeitsplätzen (derzeit fast 20.000 pro Jahr), vor allem im gewerblichen Bereich, geschuldet. Darunter leiden die Ausländer besonders: Mit insgesamt 17.500 ist inzwischen jeder fünfte Arbeitsberechtigte ohne Bundespersonalausweis in Hamburg ohne Arbeit.

Und mit fast 22 Prozent liegt die Quote der AusländerInnen mittlerweile fast dreimal so hoch wie die der Deutschen. Florian Marten