■ Beziehungen Türkei-Iran durchlaufen ein Stimmungstief
: Gute Zeiten, schlechte Zeiten

In guten Zeiten machen Geheimdienstler aus Teheran in der Türkei ungestört Jagd auf iranische Oppositionelle. Die türkischen Behörden schieben iranische Flüchtlinge kontingentweise ab, ohne sich um deren Fluchtgründe und weiteres Schicksal zu scheren. Türkische Militärs marschieren im Gegenzug über die iranische Grenze und verfolgen Guerilleros der türkisch-kurdischen PKK. Die iranische Führung schult und finanziert die türkische Hisbollah-Konter-Guerilla, die im Dienst der türkischen Generäle Jagd auf Kurden und Oppositionelle macht. Einige hundert Tote hat dieses durch Verträge und Geheimabkommen fixierte, gutnachbarschaftliche Verhältnis der beiden Staaten in den letzten Jahren gefordert. In schlechten Zeiten halten sich die beiden Regierungen genau dieses Verhalten gegenseitig vor: Von Grenzverletzung ist dann die Rede und von Agententätigkeit auf fremdem Territorium. Das Wechselspiel ist durch die geographische Nähe bei gleichzeitiger politischer Distanz der beiden Staaten bedingt. Die gemeinsame Grenze und die gemeinsame Funktion als Brücke zwischen Europa und Asien zwingt Iran und die Türkei zur Kooperation. Die unterschiedlichen Systeme – die laizistische Republik Atatürks und die Islamische Republik Chomeinis – konkurrieren jedoch beide um den Anspruch des Prototypen eines modernen Staates für Muslime. Dieser Wettstreit – ausgetragen vor allem in den islamischen Trümmern der ehemaligen UdSSR, im Nahen Osten und auch in Bosnien – führt zwangsläufig zu Streit.

Die Türkei hat nun einmal wieder seinen Nachbarn vergrätzt, indem sie ein Militärabkommen mit Israel geschlossen hat. Ob demnächst aber tatsächlich israelische Kampfflugzeuge entlang der türkisch-iranischen Grenze fliegen werden, bleibt fraglich. Dies würde wahrlich sehr schlechte Zeiten im nachbarschaftlichen Verhältnis bedeuten. Doch von türkischer Seite wird dieser Teil des Abkommens schon wieder dementiert.

Wahrscheinlicher ist, daß sich die türkischen Militärs von der Kooperation eine bessere Bestückung des eigenen Waffenarsenals erhoffen und Spezialausbildung der eigenen Soldaten im Kampf gegen „Terroristen“. Dagegen wird man auch in Teheran wenig einzuwenden haben, zumal über Geheimabkommen und Agenten auch einiges israelisches Know-how über die türkisch-iranische Grenze gelangen wird. – Und das hieße wieder: gute Zeiten. Thomas Dreger