Und plötzlich ist man illegal

■ Österreicher soll nach 22 Jahren aus Deutschland abgeschoben werden Von Stefanie Winter

Eine Nationalisierung von Armut und Elend fürchtet Rechtsanwalt Anton Eger und vor allem, daß sein Mandant in Österreich – das seine Heimat sein soll und nicht ist – untergehen wird. Der Termin der Abschiebung stand schon fest; eine Petition von Rechtsanwalt Eger sorgte für Aufschub.

Der Österreicher Richard Johann Alfred Koini wurde 1942 in Mürzzuschlag in ein „Deutsches Reich“ geboren. Seine deutsche Staatsangehörigkeit verlor er elf Jahre nach Kriegsende – qua Gesetz. Seit 22 Jahren lebt Koini in Deutschland, die meiste Zeit in Hamburg; gearbeitet hat er im Hafen, als Hausmeister, auf Baustellen. 1992 beantragte er Sozialhilfe, zum ersten Mal in seinem Leben. Und erfuhr, daß er für einen Aufenthalt in Deutschland um Erlaubnis bitten muß, und daß er, weil er diese nicht schriftlich hat, illegal hier sei. Die Ausweisung wird verfügt, die Abschiebung angedroht, der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Das Sozialamt zahlt ihm ein Bett in einer Pension und wenig mehr.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hält es für „wenig glaubhaft“, daß Koini nicht wußte, daß nur gefällt, was ausdrücklich erlaubt wird. Hält es in diesem Zusammenhang für bedeutungslos, „daß sein illegaler Aufenthalt staatlicherseits offenbar lange Zeit nicht bemerkt worden war“. Und behauptet, daß die Ausweisung des Richard Koini sich nicht auf dessen Sozialhilfebezug, sondern auf den illegalen Aufenthalt stützt. Der nämlich stelle schon wegen seiner Dauer einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften dar. So etwas, meinen Innenbehörde und Verwaltungsgericht, dürfe nicht hingenommen werden – wegen des öffentlichen Interesses daran, daß sich Einreise und Aufenthalt von Ausländern in geregelten Bahnen vollziehen. Und auch aus Gründen der Generalprävention.

Als schlechtes Beispiel also soll Koini gleichsam herhalten und verschwinden. Obwohl er unter materiell dürftigsten Umständen versucht hat, so sein Anwalt, unabhängig zu bleiben und sich selbst zu helfen, so lange es möglich war. Obwohl er in Hamburg polizeilich niemals in Erscheinung trat und Ausweiskontrollen stets ohne Beanstandungen abliefen. Obwohl er Jahr für Jahr eine Lohnsteuerkarte ausgehändigt bekam, er nach einem Unfall drei Jahre lang eine Rente bezog und ihm eine bleibende Behinderung von 15 Prozent amtlich bescheinigt wurde – ohne daß nach seiner Aufenthaltserlaubnis gefragt worden wäre.

Koini habe zwar seit 20 Jahren seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet, seine soziale Integration sei indes gering geblieben, meint das Gericht. Aufgrund der Ähnlichkeit der Lebensverhältnisse in beiden Ländern werde ihm eine Wiedereingliederung in Österreich erleichtert.