Studiengebühren nicht ohne Bedingungen

■ Einige Studenten wollen fürs Studium zahlen, wenn die Lehre daraufhin verbessert wird

Bisher waren die Fronten klar: Die Universitäten brauchen dringend mehr Geld, um das Niveau der akademischen Ausbildung zumindest zu halten. Aber die Bildungskassen sind leer. Deshalb fordern Politiker einen finanziellen Beitrag von den Studenten. Der bildungspolitische Sprecher der SPD, Peter Glotz, veranschlagt bisher mehr als 1.000 Mark Gebühr pro Semester. Die Asten, Studentenparlamente und Studentenvertreter der Parteien lehnen Modelle des verzinsten Bafögs oder Studiengebühren für ihre Klientel ab. Doch gerade bei den Studiengebühren können sich einige Studenten vorstellen, für ihre Bildung zu zahlen.

Die Erhebung von Studiengebühren müßte an bestimmte Bedingungen geknüpft sein: „Unter der Vorraussetzung, daß sich der Staat damit nicht ganz aus der Hochschulfinazierung zurückzieht“, erklärt Claudia von Fichte (33). Sie hat zehn Jahre lang als Kauffrau gearbeitet und studiert nun Jura im zweiten Semster an der Humboldt-Univeristät. Neben ihrem Studium geht sie jobben. „Davon kaufe ich Studienliteratur.“

Im ehemaligen Westteil der Stadt gehen gut 71 Prozent aller Studenten jobben, um sich ihr Studium zu finazieren. Trotz der Unterstützung durch die Eltern ist der Job hier zur Haupteinnahmequelle geworden. Im Osten sind es knapp 60 Prozent der Studenten, die arbeiten gehen.

„Wenn ich Studiengebühren bezahlen muß, werde ich noch mehr arbeiten müssen“, sagt der 28jährige Rechtswissenschaftler Stefan Thomas. Zwar sei ihm schon eine Mark Gebühr zuviel, aber er werde es tun, um sein Studienziel zu erreichen.

Matthias Kretschel setzt eher auf seine Eltern. „Die 1.000 Mark müßten dann von ihnen getragen werden“, rechnet der 21jährige Betriebswirtschaftsstudent. Als Gegenleistung sollte sich dafür die Zahl der Stundenten in den Seminaren verringern, und der Professor müßte immer erreichbar sein.

Bei durchschnittlichen Einnahmen von 1.380 Mark pro Monat im ehemaligen Westberlin und 1.162 Mark im Ostteil müssen sich Eltern und Studenten für die Semestergebühren kräftig strecken.

Deshalb kann sich Silke Neumann auch nur vorstellen, 300 Mark zu zahlen. Dafür möchte die 23jährige aber auch am Sonntag die Bibliothek der Anglistik nutzen können. „KommilitonInnen, die nur wenig Geld haben oder jetzt schon Bafög beziehen“, sollten von der Abgabe befreit werden.

Doch die Zahl der Bafög-Bezieher geht stetig zurück, weil „die Grenzen für die Elternfreibeträge zu niedrig angesetzt sind“, erklärt der Geschäftsführer des Berliner Studentenwerkes, Hans-Jürgen Fink. Er könne sich auch nicht vorstellen, daß das Studentenwerk Studiengebühren unterstützt.

Der Beitrag, den alle Studenten dem Studentenwerk zahlen müssen, erhöht sich zum nächsten Wintersemester von 30 auf 40 Mark. Wer länger als die Regelstudienzeit plus zwei Semester studiert, muß bis zum Zweieinhalbfachen mehr hinlegen. Dazu kommt die von CDU und SPD im Nachtragshaushalt beschlossene Immatrikulationsgebühr von 100 Mark. „Das ist auch eine Studiengebühr – nur mit anderen Mitteln“, empört sich Psychologiestudent Dirk Steinborn (23).

Sandra Iknorer, Biologiestudentin im 3. Semester, wünscht sich für 1.000 Mark Gebühren amerikanische Verhältnisse in Dahlem. „Daß in kleinen Gruppen gelehrt wird und man besser betreut werden kann“, so die Studentin. Gemeinsam mit ihren Eltern würde sie sich den Semesterobulus finanzieren. Und wenn ihre KommilitonInnen gegen Studiengebühren streiken werden? „Es ist nicht so, daß ich mitstreiken würde, denn ich kann es ja bezahlen.“ Wie gesagt: Bisher waren die Fronten klar. Torsten Teichmann