Britischer EU-Antrag entlastet nicht

Brüssel (taz) – Steht die britische BSE-Politik zu Unrecht am Pranger Europas? Diesen Eindruck erweckte in ihrer gestrigen Ausgabe die französische Tageszeitung Le Monde. Sie berichtete, daß die britische Regierung schon im vorigen Jahr ein Programm für die Ausrottung der Krankheit vorgeschlagen habe, die EU jedoch die Mittel hierzu verweigerte. Ein Kommissionssprecher entgegnete, daß der britische Vorschlag „völlig unzureichend“ gewesen sei.

Unterdessen hat in den Niederlanden am Donnerstag die größte Notschlachtung in der Geschichte des Landes begonnen. Nach Angaben der Sprecherin der Gemeinde Aalten, Margret Rensink, werden in einem Schlachthaus in der niederländischen Stadt alle 64.000 aus Großbritannien stammenden Kälber geschlachtet.

Ende Mai letzten Jahres hatte sich Großbritannien an den Ständigen Veterinärausschuß der EU gewandt. Für ein Programm gegen mehrere Tierkrankheiten, darunter den Rinderwahnsinn, beantragte man Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt. Diese Mittel hatte der Veterinärausschuß, in dem alle EU-Mitgliedsstaaten vertreten sind, jedoch einmütig versagt. Auf Nachfrage von Le Monde begründete ein Mitglied des Ausschusses den damaligen Beschluß unter anderem mit einem Finanzengpaß: „Es war kein Geld mehr im Notfallfonds, aus dem solche Programme finanziert werden.“ Kommentar von Le Monde: „Die Veterinärexperten der EU tragen eine schwere Mitverantwortung für die zögerliche Reaktion auf den Rinderwahnsinn.“

Ein Kommissionssprecher wies diesen Vorwurf, der so noch nicht einmal von britischer Seite zu hören war, gestern umgehend zurück. „Das Programm der Briten sah nur vor, daß bereits erkrankte Tiere geschlachtet werden, und dafür wollten sie Geld von der EU“, erklärte der Sprecher. „Diese Maßnahme war nicht neu, nur wurde sie bisher von den Briten bezahlt.“ Er wies darauf hin, daß wirksame Maßnahmen zur Ausrottung der Seuche sich auch gegen Tiere hätten richten müssen, bei denen nur der Verdacht einer Ansteckung bestehe. „Genau das haben die Briten aber nicht vorgeschlagen“ betonte der Kommissionssprecher, „und deshalb wurde der Antrag abgelehnt.“ Christian Rath