Schwarzbrot statt Rassismus

■ „Fettes Brot“ verkauften ihrem jungen Publikum im „Schlachthof“ einfache Wahrheiten und simple Grooves

Früh übt sich, was mal Teil einer Jugendbewegung sein will. HipHop hat zwar schon einige Jährchen auf dem Buckel, aber an Nachwuchs scheint es nicht zu mangeln. Das zeigte sich am Freitag im Schlachthof, als die Pinneberger Rapper „Fettes Brot“ vor allem die ganz Kleinen in die Kesselhalle lockten. Deshalb waren die Publikumsreaktionen mehr Kreischen als Gröhlen. So fühlte man sich mit geschlossenen Augen zwischen den Songs mehr wie auf dem Konzert einer Teenie-Band als dem eines HipHop-Acts.

Tatsächlich erfüllen „Fettes Brot“ die Voraussetzungen für Teenie-Lieblinge recht gut: Einer mit langen Haaren, einer mit kurzen Haaren, einer mit Hut und im Hintergrund der stille DJ Rabauke, der die Musik macht, während die anderen dazu herumhüpfen und Sprüche klopfen. Die Musik, die er am Freitag hören ließ, kam vom Band und von Platten, auf denen er mit viel Gefühl kratzte und schabte. Im Live-Sound wirkte das reduziert funky, was soviel hieß wie: außer Bässen nichts gewesen. Dazu konnte man besser in den Knien wippen als von der Bühne springen, aber das Jungvolk versuchte es trotzdem ausgiebig. Mit wechselndem Erfolg: Einige blutige Nasen waren zu verzeichnen, weshalb die drei MCs immer wieder zur Beherrschung aufrufen mußten, und die Bühne wurde zum Fundbüro: „Wir haben hier eine Brille und ein Portemonnaie, das könnt ihr euch nach dem Konzert abholen!“

Nach anfänglichem Lamentieren über das immer deutlicher werdende Fortschreiten des eigenen Lebensalters freuten sich die älteren BesucherInnen schließlich, daß auch die kürzeren unter ihnen dank des niedrigen Durchschnittsalters im Schlachthof gut über die Köpfe der ersten Reihen hinweg sehen konnten. Außerdem konnten ihre müden Knochen die jungen Hüpfer viel leichter fangen und schmeißen als gewohnt, wodurch die Stagediver hoch wie nie flogen und aus Stagediving oftmals Zwergenwerfen wurde.

Für viele war es sicherlich das erste Konzert. Denen machte es nichts aus, daß „Fettes Brot“ kaum mehr als mild amüsierende HipHop-Routine zu bieten hatten. Statt andere Bands zu dissen, dissten sie sich gegenseitig („Drei sind zwei zuviel“), rapten pro forma gegen Rassismus („Schwarzbrot, Weißbrot“), gaben Vorgeschmäcker ihres demnächst erscheinenden neuen Albums „Spiel mir das Lied vom Brot“, wobei überraschend viele schon mitsingen konnten, und spielten, als die Stimmung zum Schluß abzuflauen drohte, ihren plattdütsch gerapten Hit „Nordisch by Nature“. Da war natürlich wieder Dans op de Deel, obwohl die drei Freunde nur eine abgespeckte Version zum besten geben konnten. Schließlich hiphoppen auf der Single zig Gaststars mit, die auf der Tour nicht mitgekommen waren.

Dazwischen gab es vokale Mitmach-Spiele, bei denen bereitwillig mitgemacht wurde: „Alle hübschen Mädchen sagen: ,Ah!' Alle hübschen Jungs sagen: ,Oh!' Alle hübschen Mädchen sagen: ,Küß mich!' Alle hübschen Jungs sagen: ,Ja, das mach ich!'“

Als Zugabe wurde noch mit verstimmter Klampfe und angestrengtem Blick auf den Textzettel „Insterburg & Co.“ gecovert („Ich liebte ein Mädchen aus ...“), und dann hatte der Spuk ein kindgerecht frühes Ende.

Andreas Neuenkirchen