Zeitungskampf in der U-Bahn bald vorm Kadi?

■ Vertriebsgesellschaft droht Großverlagen mit Klage. Verbotener Zeitungsverkauf in U-Bahnen schadet Kiosken

Der Konkurrenzkampf auf dem Berliner Zeitungsmarkt könnte demnächst vor dem Kadi ausgetragen werden. Vertriebsgesellschaften wollen sich gegen Verlage zur Wehr setzen, die bereits abends und in den frühen Morgenstunden ihre Zeitungen in der U-Bahn und vor geschlossenen Kiosken auf U-Bahnhöfen verkaufen lassen.

Die Buch- und Zeitungsvertriebsgesellschaft Lux & Co. erwägt jetzt rechtliche Schritte gegen den Axel Springer Verlag (Bild, BZ, Berliner Morgenpost, Welt) und den Berliner Zeitung Verlag (Berliner Zeitung und Berliner Kurier). Lux & Co-Geschäftsführer Ostwald begründet dieses Vorgehen damit, daß durch den Handverkauf der Umsatz an den Bahnhofskiosken „beeinträchtigt“ werde. „Schließlich sind wir Mieter und zahlen der BVG Pacht“, schimpft Ostwald. Über die Höhe der Verluste wollte er sich nicht äußern. Die Verlage wissen, daß die Verkäufer, die in der U-Bahn und vor Kiosken ihre Zeitungen verkaufen, gegen die Beförderungsbestimmungen der BVG verstoßen, die jeglichen gewerblichen Handel verbieten. Doch ein Mittel, dies zu unterbinden, sehen die Verlage angeblich nicht. „Wir billigen das nicht“, so Kay Helmecke vom Vertrieb des Tagesspiegel. Weil die meisten Verkäufer auf die BVG angewiesen seien, um ihre Verkaufsorte zu erreichen, könne der Verlag mit der Belehrung über das Verbot nur wenig ausrichten. „Wir können das nicht steuern“, so Helmecke. Sobald die Verkäufer das Verlagsgebäude verließen, setze eine „Eigendynamik“ ein. „Das muß anscheinend so attraktiv sein, daß die Verkäufer gar nicht mehr aus der U-Bahn aussteigen“, sagt der Vertriebsmitarbeiter. Deshalb habe es bereits Gespräche mit U-Bahn-Grossisten gegeben, die einige Verlage wegen „ihrer geballten Verkaufskraft auf dem Kieker“ hätten. Auch der BVG ist bekannt, daß der Kampf um die höchste Auflage zunehmend auf ihrem Territorium ausgetragen wird. „Die Zeitungskioske machen uns Dampf“, so Pressesprecher Klaus Wazlak. Doch die BVG könne nichts anderes machen, als Verwarnungen auszusprechen und Bußgelder zu verhängen. Das Sicherheitspersonal sei angewiesen, die Verkäufer auf das Verbot hinzuweisen.

Auch B. Markert vom Otto- Fuhrunternehmen bestätigt Probleme mit Grossisten. Das Unternehmen arbeitet für die Pressevertriebszentrale des Axel Springer Verlags, die mehrere hundert Zeitungsverkäufer beschäftigt. Markert beteuert zwar einerseits, daß jeder Verkäufer, der in der U-Bahn erwischt wird, gefeuert werde. Doch andererseits wäre es „ungehörig, dem Fahrgast seine Bitte nach einer Zeitung zu verweigern“. Barbara Bollwahn