: „Sinnlose Einsätze der Polizei“
■ Niedersachsens Innenminister will mit Gorleben-BI reden
Hannover (taz) – Die Protestaktionen gegen den zweiten Gorleben-Castor zeigen Wirkung: „Niedersachsen ist nicht in der Lage, fortlaufend Castor-Transporte nach Gorleben zu begleiten“, erklärte gestern Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski mit Blick auf das Polizeiaufgebot, das Anfang Mai den zweiten Transport von radioaktivem Müll nach Gorleben durchprügeln soll.
„Gezwungenermaßen“, sagte der Sozialdemokrat, wolle er zwar dafür sorgen, „daß auch dieser Transport sicher das Zwischenlager erreicht“. Es wird wieder teuer werden. Die Gorleben-Transporte, schimpfte Glogowski weiter, seien „ein bundespolitisches Ereignis“, an den Kosten wolle sich der Bund jedoch nicht beteiligen.
Durch den ersten Transport im vergangenen Jahr seien dem Land Mehrkosten von 28 Millionen Mark enstanden, die vor allem für Polizeikräfte anderer Bundesländer zu zahlen waren. Wenn man auch die Kosten für jene Polizisten in Rechnung stellt, die ohnehin auf den Gehaltslisten Niedersachsens stehen, kommen 55 Millionen Mark zusammen. Auch die Polizeien der anderen Bundesländer sind überfordert. „Wir können nicht beliebig Kräfte aus anderen Bundesländern anfordern“ – darüber ist sich Glogowski mit den übrigen Bundesländern einig. Beim ersten Castor-Transport waren bundesweit 15.000 Polizisten im Einsatz, davon 9.200 im Wendland. Niedersachsen selbst habe mit 4.000 Polizisten nahezu jeden vierten Beamten „für diesen sinnlosen Einsatz“ abgestellt, rechnet Niedersachsens Innenminister vor: Jede Polizeistunde, die für den Schutz des Castors aufgewendet werde, gehe auf Kosten der Sicherheit der niedersächsischen Bürger.
Die Situation im Landkreis würde sich entspannen, meint Glogowski, wenn die Bundesregierung eine Erklärung abgäbe, daß ein weiterer Bau von Atomkraftwerken in der Bundesrepublik nicht geplant sei. Der Rücktransport von hochradioaktivem Müll aus Frankreich, der am 7. Mai beginnt, sei allerdings notwendig – man müsse die Verträge mit dem Nachbarland erfüllen. Weitere Transporte ins Zwischenlager seien bisher aber „nicht terminiert“. Das Ministerium wolle abwarten, wie viele Polizeikräfte für den Schutz des Transportes aus La Hague tatsächlich notwendig seien, ergänzte Innenstaatssekretär Claus Henning Schapper und ermunterte so die Castor-Gegner zu zahlreichem Erscheinen in der zweiten Maiwoche.
Glogowski selbst versprach, daß er „sich vor dem siebten, achten Mai noch zu einem Gespräch mit der Bürgerinitiative treffen“ werde. Jürgen Voges
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