Milliarden für die Leere

■ Bündnisgrüne und Sachsen-CDU gegen ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt

Berlin (taz) – Symbolisch wird morgen der Spaten in die nichtsahnende Erde im thüringischen Traßdorf gestochen – für die ICE- Trasse von Nürnberg über Erfurt nach Halle und Leipzig. 13,7 Milliarden Mark soll die Strecke kosten. Kein Pappenstiel, aber wenn es für die gute Sache Bahn ist, denkt der naive Öko, sollen die Steuermilliarden eben strömen.

Als falsche Trassenführung und Geldverschwendung kritisierte jedoch gestern für die Bündnisgrünen der Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt das Projekt. Denn der dichtbesiedelte Raum Chemnitz-Zwickau-Gera mit seinen 2,5 Millionen Menschen wird in einem Bogen durch den Thüringer Wald umfahren. Damit die Reisenden trotzdem schneller von Bayern nach Leipzig und Berlin kommen, müssen die bewaldeten Täler des querliegenden Mittelgebirges mit 22 Tunneln und 30 Brücken durchschnitten werden.

Schon mit knapp zehn Milliarden könnte nach einer Studie der Verkehrsplaner Vieregg und Rössler bei einer cleveren Streckenführung die doppelte Strecke in der Region ausgebaut werden. Erstens die „Sachsenmagistrale“ von Nürnberg über Hof, Plauen und Gera nach Leipzig. Zweitens die „Mitte-Deutschland-Bahn“ von Erfurt über Gera, Zwickau und Chemnitz nach Dresden – mit weniger Neubaukilometern, nur einem Tunnel und Neigezügen, die in den dort häufigen Kurven schneller fahren als der ICE.

Die ursprüngliche Rasertrasse durch die herrlichen Laubwälder des Thüringer Waldes ist auch nach Aussagen von Heinz Dürr, dem Chef der Deutschen Bahn AG, ein Prestigeobjekt. Nach der deutschen Einheit waren die beteiligten Minister und Länderchefs sich einig, daß die Landeshauptstadt Erfurt unbedingt einen ICE- Anschluß brauche.

Jetzt soll, so möchten es die Bündnisgrünen, der Bundestag das Vorhaben aus der Liste der Schienenwege des Bundes streichen. „Veränderungen an dem Projekt sind durchsetzbar, weil einfach das Geld fehlt“, glaubt Albert Schmidt. Schließlich hat auch die CDU in Sachsen Angst, daß ihre Städtekette vom Vogtland bis Dresden ohne vernünftige Ost- West-Anbindung bleibt, weil zuviel Mittel in die Strecke Nürnberg-Erfurt gesteckt werden. Der Bund investiert 1996 nur noch 7,6 Milliarden Mark in die Schiene, nach 9,9 Milliarden 1995.

In einem internen Papier der Gruppe „Netz 21“ heißt es laut Schmidt schon lapidar, die teure Strecke über Erfurt „entfällt“. „Netz 21“ plant bei der Deutschen Bahn die Strecken für das nächste Jahrhundert. Im Sommer soll eine Anhörung im Bundestag „das Konzept ähnlich erschüttern wie diejenige zum Transrapid“, so Albert Schmidt. „Auch der Bundesrechnungshof betrachtet die Sache äußerst kritisch.“ rem