Halbblinde Sportler

■ Neues Gerät überprüft Reaktionszeit von Sportlern: St. Paulis Thomforde testet mit Von Clemens Gerlach

Nirgendwo soll es soviele sehschwache Menschen geben wie im Sport. „Ey, du Blinder, das war ein Foul“, heißt es jedes Wochenende, wenn wieder ein Schiedsrichter ein angebliches Vergehen übersehen hat. Den Spielern ergeht es meist nicht besser. „Der trifft keinen Möbelwagen aus drei Metern“, wird mancher Akteur verspottet. Harte Worte, unfair auch, weil die Betroffenen oftmals gar nicht anders können, denn Studien beweisen: Viele Sportler wissen nicht, wie schlecht es um ihre Augen bestellt ist.

Diesem Mißstand will die VISUS Contaclinsen GmbH Abhilfe schaffen. Die am Jungfernstieg ansässige Firma meint beweisen zu können, „daß Sportler mit guter Sehleistung in der Ausübung ihrer Sportart sicherer sind“. Sie entwickelten mehr Risikobereitschaft, was eine bessere sportliche Leistung zur Folge hätte. Schöne Worte, doch können sie auch in der Praxis bestehen?

Um die Wahrnehmungs-Reaktions-Thesen verifizieren zu können, vertraute VISUS gestern der Induktion. Als Proband hatte sich Klaus Thomforde zur Verfügung gestellt, dessen visuelle Fähigkeiten an einem neuartig-hochmodernen Reaktionstestgerät made in USA getestet wurden. Für den Torwart des FC St. Pauli war es eine große Ehre: Neben den Olympia-Teilnehmern von Lillehammer 1994 hatten schon die US Army („Behindern Gasmasken das Sehen?“) und die Polizei von Los Angeles („um 13 Prozent schnelleres Schießen“) vom computergestützten Wunderbrett profitiert.

Der Kontaktlinsenträger Thomforde mit minus 2,75 Dipotrien Kurzsichtigkeit ließ sich von der Technik nicht beeindrucken – alle Tests absolvierte der 33jährige mit Bravour. „Fürs erste Mal war es schon ganz gut“, war der Profikicker selber etwas überrascht, wie gut er mit der 120 mal 80 Zentimeter großen Elektroniktafel klar kam, die nach dem Zufallsprinzip Lichtreize darbot. Im Sekundentakt und auch noch schneller berührte der Torwart die in sechs Feldern aufleuchtenden Dioden und brachte sie so zum Erlöschen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Dank Sehhilfe hervorragende Werte, selbst an den Schwachstellen „unten rechts“ und „oben links“ war Thomforde noch überdurchschnittlich gut.

Seinen Trainer, Uli Maslo, derzeit krank im Bett, wird es freuen: Wären alle so tüchtig und trügen, wenn nötig, auch eine Sehhilfe – um den Klassenerhalt müßte nicht gebangt werden. Vielleicht werden demnächst sogar die restlichen Profis des Aufsteigers ihr Sehvermögen testen können. Thomforde, nach Gegentoren viertschlechtester Erstliga-Keeper, will seinem Übungsleiter das Gerät fürs Sommer-Trainingslager empfehlen: „Ich möchte optimal vorbereitet sein.“ Eines kann die 5400 Mark teure Tafel Klaus Thomforde jedoch nicht abnehmen: Abschläge machen und Flanken entschärfen muß der Goalie ganz alleine.

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