Köchelnde Figuren

■ Der John Coltrane-Schlagzeuger Elvin Jones spielt wie unter erhöhter Temperatur

Bei nicht wenigen Stücken aus den 60er Jahren läßt es sich gut heraushören: John Coltrane blies guten Willens in sein Saxophon, aber es war Elvin Jones, der ihn mit seinem Schlagzeug dazu antrieb, Brillanz zu entwickeln. Um stilistische Befreiungsschläge in aller Formschönheit hinzubekommen, stellten sich beide bald als das eingespielte Gegenüber des anderen heraus.

Coltrane warf spielend etwas hin, Jones definierte, wie das Hinwerfen ein Fingerzeig werden konnte. Jones war verstimmt und Coltrane suchte in der Welt nach dem Argument, daß diese Verstimmtheit über eine schlechte Laune erhob. So besang Coltrane die radikalen Ur-Rapper Last Poets mit Emphase, nachdem diese ihn in einen ihrer Songs einwoben: „Schwarz ist Marschieren in Alabama, schwarz ist, John Coltrane zu mögen, wie er auf dem Saxophon bläst, das unser aller Leben ist.“

Jones aber blieb derjenige, auf den sich Coltrane bezog. Nach Coltranes Tod lernte der bewegliche Schlagzeuger den jungen Heißsporn Jan Hammer an. Der machte darauf mit dem Mahavish-nu-Orchestra ein paar Aufnahmen, die dem Kapitel „Jazz-Rock“ in den 70ern eine zu gleichen Teilen aufregende wie fürchterliche Überschrift verliehen. Elvin Jones traf sich zu Drum-Battles mit dem damals renommiertesten Rock-Schlagzeuger Ginger Baker von der Gigantomanen-Band Cream – und sah natürlich gut aus.

Seit dieser Zeit unterhält Jones wieder ein Quartett in der Besetzung, die ihn bei Coltrane den Tiefen des Zusammenspiels nahegebracht hat. Mit Kontrabaß, Klavier und Tenorsaxophon und einem Trommel-Set durchschreitet Jones seit ein paar Jahren die Arbeitsfelder von Jazz. Rhythm and poetry erreichen er und seine Band mit Instrumenten, die nur ab und zu ein Mund sein wollen. Gespielt wird wie unter Temperatur. Jones gelingt es in Konzerten mit seiner Band, eine Figur von umfassender Wärme über gewitztes Köcheln zu einer farbenfrohen Glut zu führen. Vier Musiker spielen sich dorthin, wo sie noch rauskriegen müssen, was sie anfangen sollen. Und sie haben es drauf angelegt. So etwas wirkt für Hörer extrem einladend.

Die Temperatur in Elvin Jones' Spiel erreicht aber durchaus noch eine weitere Ebene. Denn Jones zieht auf dem Schlagzeug etwas auf, das einen „heißen Sommer“, im dritten Jahrzehnt nach den 60er Jahren, wieder in viele Überlegungen mit einbezieht.

Kristof Schreuf Do., 18. April, 21 Uhr,Fabrik