■ Linsen Soufflé
: Gewaltige Eruptionen und alte Hüte

Diebstahl ist eine der Säulen der Hollywood-Kultur. So werden immer wieder Filme mit den gleichen Geschichten gedreht. Ein gutes schlechtes Beispiel ist der „Stirb langsam“-Abklatsch „Sudden Death“ mit Jean-Claude Van Damme als Bruce Willis. Richtig irre wird die Sache, wenn sich die Studios gegenseitig mit thematisch gleichen Projekten überholen wollen.

So gab's z. B. 1991 zwei große „Robin Hood“-Filme. 1992 entdeckte „Columbus“ gleich zweimal Amerika. 1993 wollten alle Seeräuberfilme drehen, es blieb schließlich nur Renny Harlins „Piratenbraut“ übrig, dafür entstanden im gleichen Jahr aber zwei Wyatt-Earp-Streifen. Im Jahr darauf waren die tödlichen Viren dran, Ridley Scott verlor das Rennen gegen Wolfgang Petersens „Outbreak“.

Dann entdeckte Hollywood die Todesstrafe: „Dead Man Walking“ ist auch hier schon angekommen, es folgen „Last Dance“, „The Chamber“ und „Killer“. Danach wollte jedes Studios einen großen Science-fiction-Film. Auf uns zu flattern: „Independence Day“, „Mars Attacks“, „Starship Troopers“ und natürlich „Star Trek VIII“. Der Trend für 1997 steht auch bereits fest: feuerspeidende Berge! Universal, Fox und Buena Vista kämpfen um die beste Startposition für ihre jeweiligen hochbudgetierten Projekte über Vulkanausbrüche. Ganz gut im Rennen liegt Universals „Dante's Peak“, in dem Pierce Brosnan die Hauptrolle übernimmt. Regie: Roger Donaldson. Fox liegt knapp dahinter. Das Studio möchte Bill Pullman für „Volcano“ verpflichten. Pullman spielt auch die Hauptrolle in Roland Emmerichs „Independence Day“, der Film soll dem Schauspieler im Sommer den endgültigen Durchbruch bringen. Etwas abgeschlagen steht die Disney- Tochter Buena Vista da. Für ihren Tanz auf dem Vulkan „Ring of Fire“ haben sie noch keine Darsteller. Doch Tony Scott hat fest zugesagt, die Regie zu übernehmen.

Um die gewaltigen Eruptionen pünktlich im Sommer 1997 auf die Leinwände zu bringen, muß also noch gefeilt werden. Dabei könnte ihnen jemand eine lange Nase drehen, jemand, der mit Zeitplänen und großen Bildern bestens zurecht kommt: Steven Spielberg dreht die „Jurassic Park“-Fortsetzung „The Lost World“, und in der Geschichte soll es ebenfalls einen mächtigen Vulkanausbruch geben.

Neben den Feuerbergen darf man für die Hollywood-Kinosaison 1997 nicht allzuviel Neues erwarten. Man setzt wie gewohnt auf Remakes, Bestseller- und Comicverfilmungen. So wird es wohl, unter der Regie von Michael Caton-Jones, eine Neuauflage des Attentatsklassikers „Der Schakal“ geben, und Lolita Davidovich wird in dem US-Remake der französischen Hitkomödie „Little Indian“ die Hauptrolle spielen.

Auch John Grisham ist immer noch dick im Geschäft. Gerade wurde Kenneth Branagh (Gage: vier Millionen Dollar) für „The Gingerbread Man“ engagiert. Die Geschichte, nach einem Orginaldrehbuch des Bestsellerautors, handelt selbstverständlich von einem jungen Anwalt. Der soll einer mysteriösen Frau helfen, ihren stinkreichen Vater für unmündig zu erklären.

Ein bißchen gespannt sein darf man auf die Verfilmung der Lebensgeschichte von Linda Lovelace („Deep Throat“), doch wen interessiert schon die Adaption der Abenteuer von „Wonderwoman“, die Ivan Reitman übernimmt? Da sind ja selbst eruptierende Berge besser. Karl Wegmann