■ Gipfel jenseits der tiefen Gräben zwischen USA und Japan
: Handelskrieg war ehrlicher

Der amerikanische Präsident und Japans Premierminister haben allen Grund, sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen: Nicht nur, daß der eine dem anderen heute ein guter Wahlkampfhelfer ist. Es war nicht voraussehbar, daß zwei so selbstbewußte Politiker, die mit dem alten Nachkriegsbündnis ihrer Länder wenig am Hut hatten, eine so harmonische Gipfelshow wie jetzt in Tokio hinlegen würden. Beide gelten als harte Interessenvertreter, die nicht mehr der Feuerkraft ihrer Armeen, sondern der Exportkraft ihrer Unternehmen vertrauen. Der alte Sicherheitsvertrag, den Clinton und Hashimoto gestern mit neuem Leben füllten, rangierte bisher für beide weit unter der wirtschaftlichen Prioritätenliste. So willkommen es deshalb ist, wenn die beiden größten Wirtschaftsnationen ihren Handelskrieg vorerst ad acta legen – vertrauen sollte man dem Burgfrieden so leicht nicht.

Der Erfolg des Tokioter Gipfels war in vieler Hinsicht einmalig: Clinton benötigte im Wahlkampf dringend einen außenpolitischen Erfolg und sprach deshalb lieber über die Taiwan-Krise. Hashimoto war der richtige Mann, um die Folgen der Vergewaltigungstat dreier US-Soldaten auf Okinawa nicht zu verschleppen und eine konkrete Lösung zur Reduzierung der amerikanischen Militärbasen zu finden. Die tiefgehenden Gräben zwischen beiden Nationen aber verlaufen an Stellen, welche der Gipfel kaum berührte.

Da ist zunächst das Sicherheitsbündnis selbst, das in seiner anachronistischen Ungleichheit der wirtschaftlichen Parität beider Nationen spottet. Weder kann sich Amerika leisten, seine Wirtschaftsinteressen in Japan dauerhaft hinter Sicherheitsfragen zurückzustellen, noch wird Japan langfristig ohne eine eigene Verteidigungspolitik auskommen. Noch wichtiger ist eine zweite Ungleichheit: Amerika bleibt die größte Schuldnernation der Welt und Japan ihr größter Kreditgeber. Nur durch eine vernünftige Haushaltspolitik in Washington und den Abbau des japanischen Handelsüberschusses kann diese gefährliche Abhängigkeit abgebaut werden. Sonst bleibt Amerika eines Tages nur noch die Armee, um Japan zu erobern, und Japan das Geld, um Amerika zu kaufen.

Hinzu kommen die Gefahren der Globalisierung, die beide Nationen gleichermaßen bedrohen. Da ist es zu wenig, wenn Clinton und Hashimoto als neue Initiative Gespräche über den internationalen Terrorismus verkünden. So versäumten sie in Tokio letztlich doch die Chance, den Fragen ihrer Generation gerecht zu werden. Der Handelskrieg zuvor war ein Stück ehrlicher. Georg Blume, Tokio