Gastkommentar
: Bankrotterklärung

■ SPD kapituliert vor der Bildungspolitik

Bloß keine Dolchstoßlegende! Die bildungspolitischen Überzeugungstäter der SPD sind nicht in der Stunde der Haushaltsnot von der CDU gemeuchelt worden. Die SPD gibt preis, was sie schon längst nicht mehr besessen hat: ihre Schulpolitik. Schon bei den weiland Koalitionsverhandlungen zur Ampel war SPD-Spitzenkandidat Wedemeier bereit, FDP und Grünen sage und schreibe acht Einzelgymnasien zu konzedieren. So etwas kann nur der anbieten, für den Bildungspolitik lediglich taktisches Kalkül bedeutet, bar jeder Inhalte. Wedemeier konnte so verhandeln, weil Bremens SPD schon damals kein anderes Ziel als bloße Teilhabe an der Macht kannte.

Damals warf sich Bildungssenator Henning Scherf dazwischen und konnte die bildungspolitische Bankrotterklärung verschieben. Inhaltlich trudelte aber auch unter ihm die sozialdemokratische Schulpolitik dem Ende zu. Daß Scherf am Ende nichts anderes mehr einfiel, als die einzelnen Schulen in die Autonomie zu entlassen, war die verständliche Konsequenz aus Einfallslosigkeit und Lähme der SPD.

Warum die SPD dann noch einmal nach dem Bildungsressort gegriffen hat, kann mit politischer Vernunft nicht mehr erklärt werden. Ein Abwrackressort ohne jegliches politisches Stimulanz für die SPD, dessen traditionell schwache Entscheidungsstruktur ohne eine starke Behördenspitze leicht ins Chaos führt, kann bei den gegenwärtigen Verhältnissen nur zum Desaster führen. Ich schreibe ihn nicht leichtfertig hin, den Satz, daß die SPD mit diesem Ressort überfordert ist. In solchen Zeiten muß das Bildungsressort mit einem Konzept geführt werden, das in Partei und Öffentlichkeit, in Beiräte, Schulkonferenzen und Elternversammlungen offensiv hineingetragen wird und mit dem man sich so sehr verbindet, daß sein Durchsetzen mit der eigenen Person untrennbar verbunden wird.

Wer alles mitmacht, unerfüllbare Sparpläne mitbeschließt, hat seine Kapitulation gleich mitbeschlossen. Ich wette, in der SPD-Fraktion und im Senat weiß keiner mehr, warum die SPD die Bildungssenatorin stellt. Nein, nicht die starke CDU zwingt unsere Bringfriede auf einen neuen Weg. Wer orientierungslos ist, kennt keinen richtigen Weg mehr.

Thomas Franke

Der Autor war Bildungssenator