Keine Jungs für die Bordparty

■ Die „24 Stunden“-Reportage „17 Mann und eine Frau – Riesenschiff in zarten Händen“ (Sonntag, 0.00 Uhr, Sat.1)

Auf hoher See geraten die letzten Männerdomänen ins Schwanken. Während das Containerschiff Contshop Europe mit 18.000 PS auf einer Tour gleich zweimal den Äquator kreuzt, gibt auf der Brücke eine Zweite Offizierin den Ton an. Anna-Maria Iwanow (29) ist eine von zwölf Seefrauen unter den 3.600 deutschen Kapitänen und nautischen Offizieren.

Ihre letzte Etappe auf der Nordsee gen Hamburg begleitete der Reporter Thomas Greh. Sein Kollege Holger-Heinrich Preuße sah sich derweil an Land bei ihrer Ablösung um: bei Georg Schulz, der noch rechtzeitig Fotos seiner Frau und Hausmacherbratwurst in die Koffer packt. Die Doppelreportage wirft einen schnörkellosen Blick auf den modernen Alltag auf den Weltmeeren.

Von wegen Seebärromantik. Vollautomatisch zieht der 170-Meter-Stahlkoloß seine Bahn. Wenn Anna-Maria Wache im Kapitänsstand hat, muß sie nur noch die Technik überwachen. Mit lakonischem Witz erzählt sie dabei die Geschichte vom Papagei, den sie von ihrem Australien-Zwischenstopp mitnahm. Der habe leider nicht schwimmen können, sei aber dennoch aufs Meer hinausgeflogen. Das Resultat: „Fischfutter!“ Für ihre Badewanne hat sie den Aufkleber „Sharks – No Swimming!“ mitgebracht.

Die Sache mit den Männern sieht sie ähnlich locker. In ihrer Kajüte dreht sie einfach den Wechselrahmen mit dem Frauen-Pin-up um, und es erscheint ein knackiger Kerl. Allein unter 17 Männern? Das sei „nicht schlimm“ – und überhaupt: „Gegenüber Offizieren gibt es keine dummen Sprüche.“ Schade findet sie nur, daß während der sehr kurzen Liegezeiten in den Häfen zwar Mädchen, aber keine Jungs für die Bordparty bestellt werden dürfen.

Anna-Maria läßt sich von den indiskreten Männerfragen des Reporters nicht aus der Ruhe bringen und wirkt auch auf den schwankenden Schiffsplanken betont bodenständig. Sie macht einfach ihren Job, dirigiert die ausschließlich philippinischen Matrosen. Zwar fährt ihr Kahn noch unter deutscher Flagge, was bedeute, daß unter den Offizieren „eine gewisse Bildung vorausgesetzt“ werde. Bevor sie jedoch arbeitslos werde, ginge sie auch auf ein ausgeflaggtes Schiff – obwohl sie um das Sicherheitsrisiko bei einer Mannschaft weiß, bei der oft bloß noch der Kapitän und der Schiffsingenieur als Ansprechpartner bleiben.

Nach ihrer Landung in Hamburg sind jedoch erst einmal drei Monate Urlaub angesagt – und die obligatorische Kneipentour nach St. Pauli, in die Haifischbar. Ein poetisches Schlußbild, fast wie aus der Bierwerbung – wenn Anna- Maria nicht Wodka-Lemon bestellt hätte. Dieter Deul