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Ozonbelastung steigt auf Frühlings-Rekord

■ Alarmwert für Reizgas in Berlin und Umland seit drei Tagen überschritten. Ursache: Autoabgase, Sonne und Trockenheit

Ozonalarm in Berlin und Brandenburg: Bereits am Samstag stellte das Brandenburger Landesumweltamt in Königs-Wusterhausen, Potsdam und Wittenberge Konzentrationen von mehr als 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft fest, gestern wurde dieser Alarmwert in Berlin erstmals überschritten.

In Heiligensee betrug die Ozonkonzentration gestern nachmittag 192 Mikrogramm. Aber auch in den gewöhnlicherweise gering belasteten Innenstadtbezirken blieben die Ozonwerte im Wedding mit 161 und in Neukölln mit 173 Mikrogramm nur knapp unterhalb des roten Bereichs.

Wenn in einem Bundesland an mindestens drei Meßpunkten das Reizgas Ozon auf über 180 Mikrogramm konzentriert ist, raten die zuständigen Umweltämter atemwegsempfindlichen Personen wie etwa Asthmatikern, Anstrengungen im Freien zu vermeiden. Denn Ozon reizt Augen, verursacht Atembeschwerden und Kopfschmerzen.

Ob das dreiatomige Sauerstoffmolekül die Gesundheit bereits ab 70 Mikrogramm oder erst ab 200 Mikrogramm beeinträchtigt, darüber streiten die Experten allerdings seit Jahren.

Der Meteorologe vom Dienst des Deutschen Wetteramts in Potsdam zeigte sich über die hohen Reizgasbelastungen überrascht. Die Werte seien „bemerkenswert hoch“, sagte der Chefmeteorologe Georg Kerath.

Die Wetterdaten und die Ozonbelastung erinnerten ihn eher an den Monat August statt an April. Ursache für die überdurchschnittliche Luftverschmutzung seien neben den Autoabgasen die hohen Temperaturen und die Trockenheit. Besonders durch eine geringe relative Luftfeuchtigkeit könne das ultraviolette Sonnenlicht (UV- Licht) nahezu ungehindert bis in Bodennähe dringen und so die Umwandlung von Abgasen in Ozon ungehemmt fördern, sagte Meteorologe Kerath.

Die UV-Strahlung werde am heutigen Montag sogar derart zunehmen, daß der durchschnittliche ungebräunte Mitteleuropäer bereits nach einer halben Stunde Sonne Sonnenbrand riskiere.

Selbst wenn er denn wollte – Umweltsenator Peter Strieder (SPD) sind die Hände gebunden: Er darf erst dann Fahrverbote – und auch nur für Autos ohne Katalysator – aussprechen, wenn das Ozon an drei der insgesamt acht Meßstellen die Marke von 240 Mikrogramm überschreitet.

Bislang klettert auch die für die Ozonbildung wichtige Temperatur unaufhörlich: Am Samstag erreichte sie mit 25,7 Grad Celsius einen neuen Höchstwert für einen 20. April.

Der bisherige Rekord lag vor acht Jahren bei 25,4 Grad. Gestern nachmittag verfehlte die Quecksilbersäule mit 28,2 Grad nur knapp den Spitzenwert von 29,3 Grad vom 21. April 1968.

Erst ab Mittwochabend rechnet Jörg Riemann vom privaten Berliner Wetterdienst Meteofax mit Schauern und Gewittern. Erst nach dieser Abkühlung sollen die Ozonwerte dann wieder fallen. Dirk Wildt

Ozontelefon: 0190/27 06 43

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