Studentenwerk vom Ökohafer gestochen

■ Studentenwerk, Ökobörse und Bioland sorgen dafür, daß es jetzt in allen Mensen an drei Tagen pro Woche ein Ökoessen gibt: fleischlos, aber nur unwesentlich teurer

Gestern Gemüseragout in Kerbelsoße mit Kartoffeln für 2,15 Mark, heute Joghurt-Gemüse- Auflauf für 2,55 Mark, morgen Blumenkohl in Senfsoße mit Kartoffeln für 2 Mark. Seit neuestem bietet das Studentenwerk jeweils am Montag, Dienstag und Freitag in allen Berliner Mensen ein vegetarisches Ökomenü an.

Der Aufpreis gegenüber konventionellem Essen ist erstaunlich gering. Das gleiche Ragout aus konventionell erzeugtem Gemüse koste rund 1,90 Mark und sei damit gerade mal 25 Pfennig billiger, so Hans-Jürgen Fink vom Studentenwerk. Ohne staatliche Subventionen allerdings könnte seine Rechnung nicht aufgehen: „Dann wäre jedes Essen um 3 Mark teurer.“

Pro Tag werden nun bis zu 15.000 Einheiten Biomilch und Joghurt, 5.000 Kilogramm geschälte Ökokartoffeln und 2.000 Kilo Biogemüse in den Mensen angeliefert. Biologisch erzeugtes Fleisch steht jedoch nicht oder noch nicht auf der Lieferliste. Weil es um 70 Prozent teurer ist als konventionelles, glaubt das Studentenwerk „das den Studenten nicht zumuten zu dürfen“. Irgendwann im Sommer soll jedoch eine „Ökofleisch-Aktionswoche“ als Testlauf in den Mensen stattfinden.

Daß Alma mater, die nährende Mutter, nun auch auf diese Weise für ihren wissenschaftlichen Nachwuchs sorgt, ist der gemeinsamen Anstrengung von Studentenwerk, Ökobörse und Bioland Nord zu verdanken. Die 180 Biobetriebe in Brandenburg seien zum Teil riesig und deshalb dringend auf Großabnehmer angewiesen, so Amos Ramsauer vom Förderverein Ökobörse, der seit längerem Brandenburger Biohöfe und Berliner Biokunden zusammenzubringen versucht. Die Ökobörse startete deshalb vor einem Jahr eine Umfrage unter 2.225 Mensagästen. Ergebnis: 76 Prozent würden gern ökologisch und politisch korrekt essen und dafür einen Aufpreis von 50 Pfennig in Kauf nehmen. Das Studentenwerk nahm die Umfrage ernst und gewann die Erzeugergemeinschaft Bioland Nord als Lieferanten.

Was so einfach klingt, ist in der Praxis jedoch nicht ganz problemlos. Anders als von der Ökobörse aus Umweltschutzgründen gewünscht, stammt der größere Teil der Lieferungen bislang nicht aus der nahen Region, sondern vor allem aus Lüchow-Dannenberg. Aus zwei Gründen: Erstens läßt der märkische Sandboden Biogemüse schlecht gedeihen. Die Brandenburger Biobetriebe sind deshalb mehr auf die Produktion von Getreide und wahnsinnsfreien Rindviechern spezialisiert, beides aber findet bislang kaum bzw. keinen Absatz in den Mensen. Zweitens fehlt es in Brandenburg immer noch an der Produktvorverarbeitung: Die Milch muß verpackt, die Kartoffeln müssen geschält werden. Die Öko-Begeisterung an der Uni dürfte ein jähes Ende finden, wenn das Studentenwerk täglich ein Schock StudentInnen zum Kartoffelschälen zwangsrekrutieren würde. Ute Scheub