■ Die fußballfremden Aktivitäten des BVB
: In die Tonne klopfen

Als Borussia-Dortmund-Fan hatte man in den letzten Jahren wenig zu meckern. Seitdem der zurückhaltende Herr Hitzfeld die sportlichen Dinge ordnet, wird man nett beschenkt. Gelegentlich mit Europapokalspielen gegen Zuckertruppen wie Juventus Turin oder Ajax Amsterdam, manchmal mit einer Deutschen Meisterschaft und häufig mit feiner Ballbehandlung der Herren Cesar, Möller und Sammer.

So hatte man sich daran gewöhnt, daß insbesondere die Heimspieltage Feiertage waren. Man begab sich in frohlockend fachsimpelnder Gesellschaft ins Westfalenstadion, nahm die Stammstehplätze auf der Südtribüne ein und war sich sicher, daß genügend Anlässe zu genüßlichem Zungenschnalzen und enthemmten Torjubel bereitgehalten wurden.

Das ist jetzt anders. Seit ein paar Wochen spielt die Mannschaft einen schmerzhaften Fußball, pöhlt kunst- und lustlos und profitiert lediglich von der Ausnahme Sammer und der bayrischen Dummheit.

Aber egal! Als Fan, der mit dem Verein auch schon durch die trockenen Täler der zweiten Liga gekrochen ist, weiß man, wie man hinzunehmen hat: „Es kommen auch wieder bessere Tage! Die können es ja nicht verlernt haben! Es ist zwar schlimm, aber da müssen wir jetzt durch!“ Der echte Anhänger jammert beileibe nicht so gern, wie er jubelt, aber wenn es die Not gebietet, leidet er eben auch mal eine Zeitlang mit und an der eigenen Mannschaft.

So sind es auch gar nicht die bitteren Vorstellungen der BVB-Elf, die einem neuerdings die Stadionfeiertage vermiesen. Die Groll und Unmut auslösenden Anlässe sind vielmehr fußballfremder Natur und finden im Rahmenprogramm statt. Den Anfang des Schreckens ohne erkennbares Ende machte neulich Knödelfürst Karel Gott mit der Präsentation seiner zur Borussia-CD recycelten Schmalzaltlast „Biene Maja“. Wehrlos der neuen Kotzprobe aus dem „Fan- Shop-Katalog“ ausgesetzt, steht der Anhänger im Tribünenpferch und wird nachdenklich. Will man ihn vertreiben? Paßt er nicht mehr in die moderne, Karel Gott und die Sat.1-Fußballwelt beklatschende Fan-Landschaft? Und will er überhaupt noch Fan eines Clubs sein, der Bayern München nicht mehr auf dem Rasen, sondern im Zubehörverkaufen besiegen will? Nein, das will er nicht! Absolut NICHT!

Wer aber meinte, mit der schmierigen Gott-Schnulze sei die Leidensfähigkeit des schwarzgelb sozialisierten Borussia-Liebhabers einer nicht mehr zu verschärfenden Prüfung unterzogen worden, wurde schon bald eines Schlimmeren belehrt. Im Vorprogramm des folgenden Heimspiels stürmte nämlich ein hundertsiebzigschädeliges Bundeswehrsoldatenrudel in Tarnkleidung das Spielfeld und wedelte anbiederisch mit schwarzgelben Schals. Der BVB, so hörte man seinen Präsidenten laudieren, habe die Patenschaft für das in Unna kasernierte „Friedenskommando“ übernommen, das direkt nach Spielschluß vom Westfalenstadion nach Kroatien verlegt werde. Nun hatte also der Verein seinen kriegsdienstverweigernden Fan auch noch zum unfreiwilligen Patenonkel jener dumpfen Schießgesellen gemacht, die man nicht beleidigt, wenn man sie nicht Mörder nennt. Ob der lasche Applaus, den die Tribüne spendete, wohl stärker wird, wenn der Verein demnächst (vielleicht kurz vor der Meisterfeier?) ein paar dem Balkanfrieden zum Opfer gefallene Patenkinder in mit BVB-Flaggen verzierten Zinksärgen am Mittelkreis aufbahrt?

Nein, man will nicht Fan eines Vereins sein, der jeden unanständigen Anlaß wahrnimmt, um Geld oder fadenscheiniges Ansehen einzusacken. Das will man nicht! Absolut NICHT!

Und so wird man als BVB-Anhänger qua Geburt von einem nicht aufzulösenden Widerspruch in Stücke gerissen. Das Maß des Zumutbaren ist bereits randvoll. Dem Irrsinn muß schleunigst ein Ende gemacht werden, sonst können die Verursacher sich ihren Verein nach Dortmunder Sitte bald „in die Tonne kloppen“. Das dafür geeignete Gefäß kann seit letztem Mittwoch beim örtlichen Müllentsorger bestellt werden: Die „BVB-Meistertonne, schwarzgelb, mit Emblem, 120 Liter Volumen, 199 Mark, zzgl. Anlieferung“.

Fritz Eckenga

Foto:taz-Archiv