Keinen Bock aufs „Mondlicht“

■ Freie Träger der Drogenhilfe lehnen neues EDV-Programm ab

Die Stimmung zwischen den Freien Trägern in der Hamburger Drogenhilfe und dem Drogenbeauftragten Horst Bossong ist schlecht. Für seine Überlegungen zur Einführung marktwirtschaftlicher Grundsätze in die Arbeit mit Drogenabhängigen hatte er am Montag auf dem Bundesdrogenkongreß in Bremen gar eine scharfe Abfuhr des Fachverbands Drogen und Rauschmittel kassiert.

Jüngster Streitpunkt in Hamburg ist das Software-Programm „Moonlight“, das dazu dienen soll, die Arbeit sämtlicher Einrichtungen der Drogenhilfe auf einheitlicher Basis zu dokumentieren. In einem Schnellschuß kaufte die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) Computer und Programm im Wert von 1,6 Millionen Mark. Angst vor einer Ausgabensperre sei ausschlaggebend gewesen, begründet Klaus Grab, Pressesprecher des Drogenbeauftragten, die Eile und räumt ein: „Sicherlich sind wir einigen auf den Fuß getreten, weil wir gesagt haben, laßt es uns jetzt kaufen.“ Eine Ausschreibung fand nicht statt, weil die Software in Zusammenarbeit mit Drogenhilfe e.V. entwickelt wurde, sagt Grab.

Die Freien Träger fühlen sich übergangen. Gestern machten sie ihrem Ärger auf einer Pressekonferenz Luft. Zwar haben sie mit der BAGS vor vier Wochen einen Rahmenvertrag über Qualitätsstandards in der Drogenhilfe geschlossen, aber von einem konkreten Programm war nicht die Rede, versichert Rosemarie Böhnke, Betriebsrätin der Jugendhilfe e.V. Die Freien Träger argwöhnen, daß gleichzeitig mit Moonlight die von Bossong geforderten marktwirtschaftlichen Prinzipien in der Drogenarbeit eingeführt werden.

Vor allem befürchten sie, daß der Vergleich der Arbeit verschiedener Einrichtungen dazu führe, daß einzelne Träger nicht mehr von der BAGS gefördert würden und langfristig die Vielfalt der Drogenhilfe in der Hansestadt beschränkt werde, erklärt Holger Griebner von Jugendhilfe. Außerdem, so vermutet Böhnke, ermögliche das Programm, Leistung und Verhalten der einzelnen Mitarbeiter in Drogeneinrichtungen detailliert zu dokumentieren. Eine solche Kontrolle sei aber vor der Einführung mitbestimmungspflichtig.

Und nicht zuletzt kritisieren die Suchtberater, daß Moonlight den „gläsernen Klienten“ möglich macht. Dem hält Grab entgegen, daß der Datenschutzbeauftragte konsultiert worden sei und bereits Auflagen gemacht habe, die auch erfüllt worden seien.

Das alles führt dazu, daß die teuren Geräte nebst Software bisher ungenutzt im Keller der BAGS stehen. Und die im Rahmenvertrag vereinbarte Basisdokumentation liegt derweil auf Eis.

Iris Schneider