Ein Tandem voller Tücken

■ Vertrauliche Vorlage der Kulturbehörde sieht die Teilschließung von 24 Bücherhallen und drastische Gebührenerhöhungen vor Von Till Briegleb

Kaum ist die Aufregung um die mögliche Schließung von acht Bücherhallen etwas verhallt, da fällt der nächste Hammer in dieser Angelegenheit – und dieser ist noch schwerer. Eine vertrauliche Beschlußvorlage der Kulturbehörde für die heutige Verwaltungsratssitzung der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB) sieht vor, in 24 Bücherhallen ein sogenanntes „Tandem-System“ einzuführen.

Hinter dieser schönfärberischen Formulierung verbirgt sich nichts anderes als eine Teilschließung. Jeweils zwei Bücherhallen, die nicht allzu weit auseinander liegen, sollen sich ihre Öffnungszeiten teilen. Das bedeutet faktisch, daß die Öffnungszeiten der Bücherhallen flächendeckend drastisch eingeschränkt werden. Jeweils drei Tage werden die betroffenen Ausleihen dann nur noch geöffnet sein. Das Personal soll pendeln und den immer wieder beklagten Mangel an Arbeitskräften ausgleichen.

Diese Maßnahme ist als Übergangslösung gedacht, bis eine strukturelle Lösung für die Erbringung der Einsparvorgaben beschlossen wird. Bis Ende dieses Jahres häuft sich bei der HÖB eine Defizit von 2 Millionen Mark an, durch Einsparungsverpflichtungen für 1997 dürfte es sich auf 4 Millionen verdoppeln. Dieses Defizit soll ausgeglichen werden. Eine Frist für das „Tandem“-System wird es deswegen nicht geben.

HÖB-Direktorin Birgit Dankert wird heute als Alternative noch einmal ihren – leicht modifizierten – Schließungsplan vom Januar auf den Tisch legen. Nach ihrem Willen sollen zwar nicht mehr acht, aber doch einige Bücherhallen geschlossen werden, um das Gesamtsystem zu sanieren. Dankert hat allerdings kein Stimmrecht. Zudem liegt dem Verwaltungsrat eine weitere Vorlage vor, die die Streichung sämtlicher Urlaubsvertretungen empfiehlt, da diese dann durch das frei werdende Personal des Tandem-Systems erbracht werden könnten.

Schließlich hat die Leitung der Bücherhallen ein Konzept mit drastischen Gebührenerhöhungen eingebracht, um das täglich steigende Defizit der HÖB zu minimieren. Hella Schwemer, stellvertretende Direktorin, hält diese Erhöhungen für unumgänglich, auch wenn „die HÖB bereits höhere Gebühren hat als vergleichbare Institutionen“.

Über das genaue Ausmaß der Verteuerung ist noch nicht entschieden. Wahrscheinlich wird der Mitgliedsbeitrag für Erwachsene von 50 Mark leicht erhöht, unter 18jährige werden zukünftig wohl nicht mehr kostenlos ausleihen können, Versäumnisgebühren werden deutlich teurer und neue Servicegebühren stehen vor der Einführung. Insbesondere die Gebühren für Kinder sind auch im Verwaltungsrat höchst umstritten.