Im UKE wurden Patientinnen falsch bestrahlt

■ Expertenkommission legt Ergebnis vor / Behörde will in einigen Fällen zahlen

Jetzt ist es offiziell: In der gynäkologischen Radiologie der Frauenklinik des UKE wurden Gebärmutterkrebspatientinnen jahrelang mit veralteten Methoden und zu hohen Dosen bestrahlt. Dieses Ergebnis präsentierte gestern die Expertengruppe der Deutschen Gesellschaft für Strahlentherapie, die im Auftrag der Wissenschaftsbehörde Krankenunterlagen von Patientinnen ausgewertet hatte.

Von 20 überprüften Patientinnen mit Unterleibskrebs, die von 1980 bis 1993 in der gynäkologischen Radiologie bestrahlt worden waren, trugen elf „eindeutig schwere und schwerste Schäden“ davon, bei sieben weiteren ist es möglich, daß ihre Leiden auf die Strahlentherapie zurückzuführen sind, wie Professor Jürgen Dunst aus Halle erklärte. Die in den 60er Jahren in Hamburg entwickelte Methode sei damals fortschrittlich gewesen. Aber seit den 80er Jahren sei bekannt, daß hohe Einzeldosen und eine hohe Gesamtdosis das Risiko von Spätfolgen erhöhen.

Wissenschaftssenator Leonhard Hajen (SPD) kündigte an, die Behörde sei zu Vergleichsverhandlungen in den Fällen der Gebärmutterkrebspatientinnen im fortgeschrittenen Stadium bereit. Zurückhaltender äußerte er sich zu Patientinnen im frühen Krebsstadium. Hier müsse geprüft werden, ob die Ärzte gegen ihre Aufklärungspflicht verstoßen haben. Der Behörde liegen rund 100 Schadensersatzforderungen von Gebär- und Brustkrebskranken in Höhe von rund drei Millionen Mark vor.

Bezüglich der Brustkrebsbehandlungen meinten die Gutachter, die gynäkologische Radiologie und ihren Chef Hans-Joachim Frischbier entlasten zu können. Nach der Begutachtung von zwölf Kranken-Akten kamen sie zu dem Ergebnis: „Die Bestrahlung mit einer Einzeldosis von 2,5 Gray entsprach nicht der mehrheitlich geübten Vorgehensweise, pro Bestrahlung eine Dosis von zwei Gray zu applizieren, und sie wird im Hinblick auf Spätkomplikationen theoretisch als risikoreicher eingestuft. Die klinische Erfahrung der Gruppe von Herrn Frischbier und auch von anderen internationalen Arbeitsgruppen bestätigten diese theoretische Annahme für die jeweils eigenen Behandlungsprotokolle jedoch nicht.“ Das Gericht soll im Juni entscheiden, ob das UKE in diesen Fällen seine Aufklärungspflicht verletzt hat, so Hajen.

Patientinnenanwalt Wilhelm Funke sah sich in seinem Vorwurf der serienmäßigen Überdosierung bei Unterleibstumoren im fortgeschrittenen Stadium bestätigt. Bezüglich der Fälle im Frühstadium wirft er den Experten vor, sie hätten sich nicht mit den vorliegenden Gutachten auseinandergesetzt, die auch hier eine fehlerhafte Bestrahlung attestierten. Außerdem hätten sich unter den Akten, die die Behörde den Beratern vorgelegt habe, keine seiner 50 Mandantinnen befunden, deren Fälle bereits beim Gericht liegen. Patricia Faller