Behinderte verlangen Gleichstellung

■ Umfassender Gesetzentwurf vorgelegt / Aktionstag am 2. Mai

Den Entwurf eines Bremer „Gesetzes zur Gleichstellung Behinderter“ haben gestern die Landesarbeitsgemeinschaft für Behinderte und der Verein „Selbstbestimmt Leben“ vorgelegt. Auf 21 engbedruckten Seiten sind darin alle Forderungen, die die Behindertenverbände in den vergangenen Jahren erhoben haben, in juristische Formulierungen gegossen worden. Den nötigen Sachverstand haben dazu die beiden Richter Horst Frehe und Klaus Weinert beigetragen.

Am 2. Mai soll der Gesetzentwurf vom „Behindertenparlament“, das in den Räumen der Bürgerschaft tagen wird, „beschlossen“ werden. Zuvor gibt es ab 9 Uhr eine Anhörung Bremer PolitikerInnen im Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis (Am Weidedamm 20) und ab 12 Uhr einen Demonstrationszug von dort zum Marktplatz mit einer Kundgebung um 13.30 Uhr.

„Nicht der Mensch ist behindert, sondern die Umgebung behindert den Menschen“, sagte Klaus Weinert gestern bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes. Bremen ist das einzige Bundesland, in dem bisher ein solcher Gesetzentwurf vorliegt.

Alle vier Fraktionen der Bürgerschaft, denen der Gesetzentwurf bereits vor vier Wochen zugestellt worden ist, haben sich bisher noch nicht dazu geäußert. Spätestens zur Anhörung am 2. Mai werden sie aber ihre Positionen vertreten müssen, denn alle Fraktionen haben ihre Teilnahme an der öffentlichen Anhörung zugesagt.

Hauptargument gegen das Behindertengesetz dürften dann wieder die finanziellen Folgen sein, die eine Erfüllung der darin enthaltenen Forderungen bedeutet. Denn die werden auf einen „mindestens zweistelligen Millionenbetrag“ geschätzt. Der größte Posten dürfte dabei die Umsetzung der Forderung nach voller Integration Behinderter in das öffentliche Schulwesen sein. Bisher gibt es die in Bremen lediglich bis zur sechsten Klasse. Und selbst dieses Modell ist immer wieder bedroht.

Teuer wäre auch die Umsetzung der Forderung, allen Gehörlosen Gebärdendolmetscher zu finanzieren. Oder die Garantie auf Beförderung – entweder mit einem behindertengerechten ÖPNV oder überall dort, wo es ihn nicht gibt, mit einem eigenen Fahrdienst.

Und selbst das Verlangen nach einem Landes-Behindertenbeauftragten wäre teurer als die reinen Personalkosten. Nach dem Gesetzentwurf soll der nämlich „Anregungen und Vorschläge zu Entwürfen von Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen des Senats sowie des Bundes, an denen der Senat mitwirkt“ machen – praktisch also an allen politischen Entscheidungen im Land beteiligt werden. Dies wäre ohne einen größeren Verwaltungsapparat gar nicht zu leisten.

Ase