: Fliegender Kochtopf
■ TU-Studenten starten die erste Öko-Rakete mit Wasserdampfantrieb
Es soll vorkommen, daß an Universitäten mit Hochdruck heiße Luft produziert wird. Wenn sich aber am Samstag die „Aquarius X-Pro“ bei Rathenow in den Himmel bohrt, überwindet sie mit der Kraft des Schnellkochtopfs die Schwerkraft. Denn auf dem Truppenübungsplatz Klietz zünden 14 Studenten des Studiengangs Luft- und Raumfahrttechnik der TU eine Weltpremiere: Die erste zweistufige Heißwasserrakete soll zwei Kilometer hoch fliegen und danach sanft zur Erde zurückkehren.
Anders als alle anderen Raketen funktioniert die Heißwasserrakete ohne chemische Treibmittel: Die Tanks der vier Meter hohen handgefertigten Aluröhre werden zu drei Viertel mit Wasser gefüllt. Das Wasser wird mit eingebauten Heizstäben aus einer ordinären Waschmaschine auf 264 Grad erhitzt, bis ein Druck von 50 bar entsteht. Wird eine Düse an der Unterseite geöffnet, hebt die silberne Rakete ab. Nach sechs Sekunden Brenndauer löst sich die erste Stufe in etwa 500 Meter Höhe von der Rakete und schwebt am Fallschirm zu Boden. Die zweite Stufe mit den Meßgeräten in der rotlackierten Spitze fliegt noch bis auf knapp zwei Kilometer, ehe die Luft raus ist und die Rakete wieder zu Boden schwebt.
So jedenfalls sehen die Planungen der Studentengruppe um Professor Roger Lo den Ritt auf dem Dampfstrahl vor. Der Bau der Rakete, für den es keine öffentliche Förderung gab, sei ein Projekt zum „Lehren und lernen und spaßhaben“, meinte Lo gestern bei der Präsentation. Wenn das System optimiert würde, so Student und Miterbauer Ludwig Westenhöfer, könne es durchaus sein, daß sich Wetterstationen für die TU-Rakete interessierten.
Die Heißwasserrakete hat im Vergleich zu konventionellen Himmelsstürmern nur Vorteile, betonten die Konstrukteure: Sie ist ungefährlich, weil sie ohne Treibstoff transportiert wird; sie ist billig: Eine Rakete kostet 2.000 Mark, ein Start nur 200 Mark; sie ist umweltfreundlich, weil nur Wasser verwendet wird und die Einzelteile nach dem Flug von 30 bis 40 Sekunden wieder eingesammelt werden. Deswegen hoffen die Konstrukteure, daß sich am Samstag die Fallschirme öffnen. Sonst kommt das gute Stück ziemlich verbeult wieder an: „Die andere Rakete mußten wir aus anderthalb Metern Tiefe ausbuddeln.“
Die Nasa muß allerdings trotz all dieser Vorteile um ihre Stellung beim Bau von Mondraketen nicht zittern: Für Höhenflüge ist die TU- Rakete einfach zu langsam, weil Wasserdampf zuwenig Energie freisetzt, erklärte Lo. Und noch etwas macht die „Aquarius X-Pro“ sympathisch: Mit ihrer Spitzengeschwindigkeit von 400 km/h ist sie für den militärischen Einsatz zu lahm. Bernhard Pötter
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