Der IWF beschließt, nichts zu beschließen

■ Entscheidungen über Schuldenerlaß und Goldverkauf auf Herbst vertagt

Washington/Berlin (taz/AFP) – Die hochverschuldeten Länder bleiben auf ihren Schulden erst mal sitzen. Der Interimsausschuß des IWF beschloß am Montag, die Entscheidung über einen Schuldenerlaß und den Verkauf eines Teils der Goldreserven auf die nächste Sitzung von IWF und Weltbank im Herbst zu vertagen. Im Interimsausschuß sind die Finanzminister von 24 Ländern vertreten, die de facto die Entscheidungen für den Währungsfonds treffen. Einziger Fortschritt gegenüber der letzten IWF-Tagung im Oktober 1995: der Interimsausschuß machte einen möglichen Schuldenerlaß immerhin einmal zum Thema.

Vor allem Großbritannien hatte sich dafür stark gemacht, einen Teil des IWF-Goldes zu verkaufen, das Geld anzulegen und die Erträge für Schuldenerleichterungen zu nutzen. Die USA und Kanada unterstützten den Vorschlag. Doch vor allem Deutschland, aber auch Frankreich und Japan stellten sich quer. Damit, so fürchtet vor allem Bundesfinanzminister Theo Waigel, würde ein Präzedenzfall für künftige Begehrlichkeiten geschaffen.

Der Vorsitzende des Ausschusses, der belgische Finanzminister Philippe Maystadt, sagte, das Thema Goldverkauf bleibe dennoch auf dem Tisch. Sein Kompromißvorschlag: Man könne ein für allemal eine Grenze festlegen, wieviel Gold maximal verkauft werden darf. Die 24 Finanzminister konnten sich jedoch lediglich darauf einigen, bis nächsten September konkrete Vorschläge prüfen zu lassen.

Einig war man sich über den IWF-Vorschlag, wonach die Mitgliedsländer – insbesondere diejenigen, die auf Kapital von außen hoffen – künftig ihre Wirtschaftsdaten stärker offenlegen sollen. Aber für die Bekämpfung von Finanzkrisen wie vergangenes Jahr in Mexiko dürfte mehr nötig sein als bessere Statistiken. Einen Notkredit von 17 Milliarden US-Dollar hatte damals allein der IWF an Mexiko gezahlt. Dazu kamen über zehn Milliarden Dollar als Rückendeckung für Präsident Jelzin. Allein diese beiden Länder werden Ende nächsten Jahres zusammen die Hälfte der ausstehenden IWF-Kredite halten. IWF-Chef Camdessus erklärte zwar, noch sei genügend Geld für eine eventuelle Finanzkrise vorhanden, „aber es nimmt sehr schnell ab“.

Die aus mittlerweile elf Industrieländern bestehende G10, die dem IWF für Krisenfälle über die sogenannte Allgemeine Kreditvereinbarung (AKV) Reservemittel zur Verfügung stellt, debattierte jedoch zuvor in Washington erfolglos über eine Verdoppelung dieser Mittel auf 75 Milliarden Mark. Einig war man sich nur darüber: Kein Investor und auch kein Schuldnerland dürfe sich künftig noch Hoffnungen machen, daß im Krisenfall der IWF schon einspringe und sie vor Verlusten bewahre, wie im Fall von Mexiko geschehen. lieb