Verbrennung von Tschernobyl-Molke verhindert

■ DemonstrantInnen blockierten Zufahrt zu bayerischer Müllbeseitigungsanlage

Berlin (dpa/taz) – Den Transport von 1.900 Tonnen radioaktiver Molke in eine Sondermüllverbrennungsanlage bei Ingolstadt haben gestern 100 DemonstrantInnen verhindert. Das schwach verstrahlte Molkepulver stammt aus der Zeit nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl (1986) und soll auf Anweisung der bayerischen Landesregierung jetzt verbrannt werden.

Messungen aus dem Jahre 1995 ergaben bei dem bislang in einer Molkerei gelagerten Pulver eine Belastung mit dem radioaktiven Isotop Cäsium 134 von 40 Becquerel. Bei Cäsium 136 wurden 1.200 Becquerel pro Kilogramm gemessen. Die Grenzwerte hingegen liegen deutlich darüber: Bei 5.000 beziehungsweise 50.000 Becquerel. „Die Belastung tendiert also gegen null“, meint Heinz Brylla, Sprecher der Molkerei Meggle im Landkreis Rosenheim. „Das ist mittlerweile ordinärer Abfall, der entsorgt werden muß.“ Das hat der bayerische Umweltminister Thomas Goppel (CSU) inzwischen gestattet. Die Verbrennung bei der Gesellschaft für Sondermüllbeseitigung im Ort Ebenhausen soll rund zwei Millionen Mark kosten.

Als die Bauern 1986 den zweiten Grasschnitt ihrer Wiesen nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl an die Kühe verfütterten und die Milch an etwa zwölf Molkereien der Umgebung lieferten, nahm auch die Molkerei Meggle das Molkepulver an. Seither lagern die Papiersäcke auf dem Firmengelände, was das Unternehmen rund 100.000 Mark im Jahr kostet.

Gestern verhinderten die DemonstrantInnen, daß die Lastwagen mit der radioaktiven Fracht in die Müllverbrennungsanlage gelangten. Wegen der Blockade fuhren die Lkws wieder zur Molkerei zurück.

Die DemonstrantInnen werden unterstützt von den bayerischen Grünen. „Die Verbrennung des radioaktiven Pulvers ist ein völlig unakzeptables Verfahren“, kritisiert der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt. Durch die Abgase der Verbrennung werde die Radioaktivität „flächendeckend über die Region verteilt“. Die Tschernobylrückstände sollten besser in einer Deponie endgelagert werden.

Das bayerische Umweltministerium versucht derweil, die Bevölkerung zu beschwichtigen. Die Verstrahlung der Umgebung sei nicht zu befürchten, sagte Erwin Eder, Referatsleiter für Strahlenschutz. Die radioaktiven Isotope würden durch die Filteranlagen aufgefangen. Die DemonstrantInnen freilich wollen auch beim nächsten Transport den Zugang zur Müllanlage sperren. taz