Gentechnologie nicht hoffähig machen

■ Forderung von Manuel Kiper nach einer Entideologisierung der grünen Gentech-Kritik stößt auf scharfen Widerstand

Schluß mit „der einseitigen und undifferenzierten Verteufelung der Gentechnologie“! Diese Forderung des forschungspolitischen Sprechers von Bündnis 90/Die Grünen, Manuel Kiper, stößt auf energischen Protest der Gentech- KritikerInnen. In einer jetzt veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme weisen prominente, zur Gentechnologie kritisch eingestellte WisssenschaftlerInnen Kipers Ansinnen zurück, die grüne Partei müsse die Kritik an der Gentechnologie „entideologisieren“ und „pragmatischer“ mit der Technologie umgehen (siehe taz vom 13. März).

Über 40 Einzelpersonen, darunter vor allem VorständlerInnen und MitarbeiterInnen der Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen, die seit Jahren schon gegen die Gentechlobby angehen, haben das vom Göttinger Arbeitskreis gegen Gentechnologie initiierte Papier unterzeichnet. Vertreten ist das Freiburger Ökoinstitut genauso wie die Katalyse in Köln, das Umweltinstitut München und das Gen-ethische Netzwerk in Berlin. Auch in der eigenen Partei stößt Kipers Kritik an der Kritik auf Widerstand: Mindestens zehn der UnterzeichnerInnen gehören zu den Grünen. Gemeinsam werfen sie Kiper vor, daß er „eine Türöffnerfunktion für die Akzeptanz einer Risikotechnologie“ wahrnehme und den „Machbarkeitsmythos, den die Gentechnologie transportiert, hoffähig“ mache.

Die grüne Politik ist schon längst pragmatisch

„Es geht doch gar nicht um die Grundsatzfrage, ja oder nein zur Gentechnologie zu sagen“, bringt Mitunterzeichner Dan Leskien vom BUND den Streit auf den Punkt: „Ich kenne niemanden, der heute noch ein grundsätzliches Verbot der Gentechnik fordert.“ Trotzdem bleibe aber die Kritik an der Gentechnologie bestehen. Zum Vergleich zieht Leskien die Anti-Atom-Bewegung heran: Die Anwendung ionisierender Strahlen in der Medizin werde dort doch auch nicht abgelehnt. Auch Hiltrud Breyer, die als Europaabgeordnete der Grünen ebenfalls das Göttinger Papier unterzeichnet hat, versteht Kipers Forderung nicht: „Obwohl wir uns gegen Gentech-Food aussprechen, fordern wir im Parlament eine umfassende Kennzeichnung von Novel-food- Produkten“. Der von Kiper eingeklagte pragmatische Umgang werde bei den Grünen doch längst praktiziert. „Das heißt nicht, daß wir der Gentech-Industrie, so wie Kiper es vorhat, einen Persilschein ausstellen“, meint Breyer.

Im verborgenen schwelte der Streit unter den Grünen Gentech- ExpertInnen schon seit längerem. Offen ausgebrochen ist der Konflikt jetzt bei der Planung einer Fachtagung zu dem Thema Gentechnologie und Enzyme, auf der Kiper auch Vertreter der Gentech- Industrie zu Wort kommen lassen wollte. Zwar hat die Faktion inzwischen beschlossen, daß die Tagung durchgeführt wird, doch der innerparteiliche Konflikt ist damit noch lange nicht vom Tisch. Wolfgang Löhr

siehe dazu auch Manuel Kipers Beitrag auf Seite 10