Koalitionsmord in Raten

■ Die Mecklenburgische SPD stellt dem CDU-Partner erneut ein Ultimatum

Schwerin (taz) – Die Groß-Koalitionäre in Mecklenburg-Vorpommern verlieren den letzten Rest politischen Verstands. Gestern abend hat der SPD-Landesvorstand der CDU erneut ein Ultimatum gestellt. Bis morgen sollen die Christdemokraten erkären, wann sie ihre Finanzministerin Bärbel Kleedehn in die Wüste schicken. Anderenfalls soll ein außerordentlicher Landesparteitag am 5. Mai über die künftige Regierungsarbeit entscheiden.

„Ultimaten sind für uns nicht akzeptabel“, stellte CDU-Landesvorsitzende Angela Merkel gestern fest. Heute abend tagt zwar erneut der Koalitionsausschuß, doch die Chancen für eine Einigung stehen nun denkbar schlecht.

Der Landesvorstand der PDS, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben Neuwahlen gefordert. Auch der SPD-Landesvorsitzende Harald Ringstorff schließt Neuwahlen nicht mehr aus. Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der PDS meinte er, daß die Angst vor dieser Partei in weiten Teilen der ostdeutschen Bevölkerung nicht mehr anzutreffen sei.

Erst Montag nacht hatten SPD und CDU den Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit bekundet. Die SPD hatte nicht mehr an einem Rücktrittstermin für Kleedehn festgehalten, die CDU sich nicht mehr demonstrativ hinter ihre Ministerin gestellt. Offenbar hat ein Vorpreschen der CDU jetzt erneut die verschärfte Gangart der SPD ausgelöst. Nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses am Montag hatten die Parteien Stillschweigen vereinbart. CDU- Fraktionsvorsitzender Rehberg hatte dennoch öffentlich betont, daß die SPD von ihrem Ultimatum abgerückt sei. Daraufhin reagierten die Sozialdemokraten prompt mit einem neuen. Kleedehn war wegen der von ihr mit dem Bund ausgehandelten Finanzierung der ostdeutschen Werften unter Druck geraten.

In der SPD mehren sich derweil die kritischen Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Rolf Schwanitz sprach von „Kasperletheater“. Die Geschäftsführer von Bundespartei und Bonner Fraktion der SPD, Franz Müntefering und Peter Struck, appellierten an CDU und SPD, die große Koalition fortzusetzen. bam