■ Urdrüs wahre Kolumne
: date mit deinem doc

In der niedersächsischen Gemeinde Lachem wurde jetzt von Herrn Pastor un sien Fruu der erste christliche Reit- und Fahrverein des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1996 gegründet. Nun mag man zwar mit Recht daran erinnern, daß der Herr und Meister selbst dereinst nicht hoch zu Roß, sondern auf dem Füllen der Eselin einzog nach Jerusalem, aber der Kasus ist skurril genug, um als kirchliche PR-Aktion für Sattelknechte durchzugehen.

Der Zorn meines Freundes Zebaoth aber wird heuer wieder heftigst herausgefordert durch die Arbeitsgemeinschaft christlicher Motorradfahrer, die am kommenden Samstag in allerschönster Komplizenschaft mit den gelben Engeln des ADAC wieder einen Moped-Gottesdienst im Braunschweiger Dom durchführt, verbunden mit einer Gedenkrallye für die Unfalltoten der letztjährigen Ernte. Abgeschlossen wird dieser grobe Unfug, bei dem die Bullizei im Vorjahr 5.904 Krafträder aller Klassen zählte, durch einen Leichenschmaus mit Wurst vom Grill (!) und Tombola zugunsten der Kinder von Tschernobyl, die sich hierbei wieder mal nicht wehren können: Hier klappt das Kotzen auch ohne Kartoffelsalat!

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Im bremischen Blasierten-Treff Casablanca klang es beim sonntäglichen Frühstückstreff im aufmerksam belauschten Plausch von zwei Mittdreißigerinnen mit Stirnreif und Partnerinnenschaftlich-weißen Leinenröcken im frühlingshaften Hochgefühl so: „Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mich entscheiden soll. Bernd ist Arzt und hat ein Cabrio und ist aber verheiratet mit allem drum und dran. Außerdem kann ich den Burghard nicht so einfach hängenlassen.“ Und die Freundin zwitschert daraufhin verhalten: „Kann dir natürlich niemand abnehmen die Entscheidung. Willste nochn Milchkaffee!“ Andere Erkenntnisquellen standen unüberhörbar nicht zur Verfügung. Es sieht nicht gut aus für Burghard!

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Kaum ist die Tochter vom grippalen Infekt genesen, da steht auch schon der Zahnarztbesuch an. Und zurück kommt das gute Kind mit der festen Absicht, einen Vorderzahn mit einem Dazzler krönen zu lassen.

Dabei handelt es sich um eine Art Mini-Aufkleber in Gold, der vom gewissenlos-geschäftstüchtigen Dentisten honorarpflichtig mit einer Spezialpaste aufgebracht wird und in diversen Varianten etwa als Kreuz, Dollarzeichen, Frauensymbol, fünfzackiger Stern und sogar als A mit Kreis drumrum (!) zu haben ist. In der Werbeschrift des Zahnklempners heißt es dazu: „Hält fast ewig – es sei denn, du läßt es abmachen, weil du ein neues willst.“

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Ein Dazzler ist völlig unschädlich, keine Löcher, keine Schmerzen, nur ein date mit deinem doc: just for fun!“ Und schwöre ich dir schweinsnasigem Doc bei allen Steuersparmodellen, die dir heilig sind: Wenn du mein Kind andazzelst, schick ich dich mit einem Schlag zum Kieferchirurgen. Just for fun!

Da haben die Erstklässler der Schule am Lüssumer Ring also einen original Jaguar E- Oldtimer im Preisausschreiben gewonnen, und ehe das gutmenschelnde Kollegium auf die Idee kommt, den unmündigen Kindern einen Deal vorzuschlagen, der den Verkauf des Fahrzeugs zugunsten von Klassenkasse einerseits und Tschernobyl-kiddies andererseits zu hälftigen Anteilen beinhaltet, möchte Onkel Ur-Drü den Kindern aus dem Hausschatz situationistischer Spruchweisheit künden: „Die Lust an der Zerstörung ist eine schöpferische Kraft“ und ihnen anraten, das edle Teil in einer wilden Materialaktion zu zerstören, davon Videos zu drehen und diese weltweit zu vertreiben: So werdet ihr mehr Kinder dieser Erde retten als durch Brot für die Welt.

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Und ihr werdet eine Menge Spaß haben. Ich komme gern zum Helfen vorbei und spendiere eine Runde Milka Kuh!

Auf der gestrigen Sitzung meines Mal-Kommitees wurden die zentralen Losungen für den diesjährigen Kampftag der Arbeiterklasse verabschiedet: „Holzhafen wird Wagenburg! Ausländeramtsleiter in die Produktion!

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Bella-Bimba Bella Ciao! Mit SPD und DGB räumen wir den letzten Schnee! Und natürlich Lotto-Sechser für den Vulkan!“ Wir heißen euch hoffen...

In stolzer Ungebrochenheit kämpferisch-bornierter Nostalgie wünscht allen LeserInnen viele militante Maikäfer

Ulrich Reineking etc.