„400 Millionen als Verluste ausgebucht“

■ Interview mit Wolfgang Steinriede, Vorstandssprecher der Bankgesellschaft Berlin AG

taz: Der Gewinn des Konzerns Bankgesellschaft Berlin ist 1995 auf 958 Millionen Mark gestiegen. Ein gutes Jahr.

Wolfgang Steinriede: Ich bin nicht zufrieden. Vor allem wegen der hohen Verluste im Geschäft mit unseren Firmenkunden. Aber immerhin ist ein um 18 Prozent höherer Gewinn übriggeblieben als 1994. Ein schlechtes Jahr war 1995 nicht.

Einige spektakuläre Firmenzusammenbrüche haben Ihnen heftigen Aderlaß beschert.

So etwas habe ich in 25 Jahren nicht erlebt. Wir haben 400 Millionen Mark als Verluste ausgebucht. Das lag vor allem an Konkursen in den östlichen Bundesländern. Der Lebensmittelkonzern März kostete uns 145 Millionen, das Bauunternehmen Maculan 40 Millionen. Der Bremer Vulkan nochmals 30. Beunruhigend ist aber vor allem, daß von jeweils zwei Existenzgründungen im Osten eine den Bach runterging – von kleinen Handwerksmeistern bis zu Zahnärzten.

Wie in der Bilanz zu lesen ist, verfügt die Bank über die astronomische Summe von 281 Milliarden Mark. Der Haushalt des Landes umfaßt nur 43 Milliarden. Wer ist mächtiger: Bank oder Staat?

Diese Bank hat Einfluß. Wir können gestaltend wirken, doch das darf man nicht überschätzen. Immerhin hält das Land Berlin 56,8 Prozent unser Aktien. Das gute Miteinander von Politik und Bank ist wichtig für die Stadt. Aber diese Kontakte muß man noch intensivieren. Vor allem liegt uns daran, ein gutes Verhältnis zur neuen Finanzsenatorin herzustellen.

Senatorin Fugmann-Heesing hat Ihnen gerade auf den Zahn gefühlt.

Man kann doch die Dividende, die die Bank dem Land zahlen soll, nicht öffentlich einklagen! Ein vertrauliches Gespräch wäre besser gewesen.

Hätten Sie nicht umgekehrt die Finanzsenatorin fragen müssen, ob sie mit der 1995er Dividende von elf Mark pro Aktie einverstanden ist?

Wir brauchen die Senatorin nicht um Erlaubnis zu bitten. Die Veröffentlichung erfolgte nur, weil aus Analystenkreisen das Gerücht verbreitet wurde, die Bankgesellschaft Berlin würde die Dividende ausfallen lassen.

Das Land Berlin muß auch in den kommenden Jahren auf eine höhere Dividende verzichten.

Die Bank kann ihre Ausschüttung vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Umfeldes 1996 wahrscheinlich nicht erhöhen, weil eine Mark mehr pro Aktie rund 22 Millionen Mark ausmachen. Wenn es nur gelänge, die Verluste zurückzuschrauben, wäre diese lächerliche Summe kein Thema.

Angesichts des satten Gewinns für 1995 könnten Sie den Senat durchaus mit ein paar Mark mehr unterstützen.

Man darf nicht vergessen, daß die Bankgesellschaft für 1995 immerhin 419 Millionen Mark Steuern gezahlt hat.

Schätzungsweise verdienen Sie als Vorstandssprecher zwischen einer und anderthalb Millionen Mark pro Jahr. Legen Sie das bei Ihrer eigenen Bank an?

Erstens stimmt das nicht. Und zweitens lege ich mein Geld, weil ich von der Beratungsqualität der Mitarbeiter überzeugt bin, nur im Konzern an. Aber Aktien unserer Bank habe ich noch nie gekauft. Ich möchte nicht in den Verdacht geraten, von Informationen zu profitieren, die nur wenigen vorbehalten sind. Interview: Hannes Koch