Städteclub der Radelfreunde

■ ADFC fordert Hamburgs Beitritt zum europäischen Fahrradstädte-Netzwerk „Cities for Cyclists“ / Baubehörde ziert sich noch Von Florian Marten

Es sind winzige Nester wie das dänische Nakskov, Metropolen wie Barcelona oder Kopenhagen, überwiegend aber mittlere Großstädte wie Ferrara, Graz, Nottingham, Erlangen oder Aarhus: Mittlerweile 25 Städte in 14 europäischen Ländern sind Mitglieder des 1991 in Mailand gegründeten Netzwerks „Cities for Cyclists“ (CFC). Gemeinsame Basis ist eine grundlegende Erkenntnis: „Nur eine fahrradfreundliche Stadt kann eine lebenswerte Stadt sein.“ Ziele sind der Erfahrungsaustausch und die Förderung des Fahrrads, das in den kommenden Jahren eine ganz bedeutende Rolle im städtischen Verkehr spielen wird.

Mit subversivem Unterton fordert jetzt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) die Hamburger Baubehörde auf, sich diesem Verbund anzuschließen. Nicht etwa, weil Hamburg eine fahrradfreundliche Stadt wäre, sondern vor allem, um den mit einem Fahrradbeirat und einem modernen Regelwerk zur Planung fahrradgerechter Straßen erhobenen Anspruch der Hamburger Baubehörde massiv herauszufordern: „Der regelmäßige Austausch mit Städten, die bereits eine hervorragende Radverkehrs-Infrastruktur haben, würde den RadfahrerInnen zugute kommen und teure Fehlplanungen vermeiden helfen“, schreibt der ADFC an die Adresse Eugen Wagners.

Zwar repräsentieren die 25 Städte beileibe nicht den kompletten Fahrradadel Europas – so fehlen beispielsweise Delft und Münster –, auch sind nicht alle derzeitigen Mitglieder fahrradfreundlich zu nennen – man denke nur an Barcelona oder Ljubljana –, an jahrzehntelangem Fahrrad-Know-how und fahrradpolitischer Aufbruchstimmung läßt sich jedoch einiges holen. So hat das österreichische Graz schon Mitte der 80er Jahre ein integriertes Gesamtverkehrskonzept entwickelt, welches dem Zweikampf von ÖPNV und Auto das Fahrrad als lachenden Dritten hinzugesellte.

Das niederländische Groningen wiederum hat bereits Anfang der 80er Jahre seine Innenstadt vollständig aufs Fahrrad ausgerichtet, eine Planung, die bereits ins Jahr 1976 zurückreicht. Das im internationalen Vergleich trotz jüngster Zuwächse beschämend bescheidene Fahrradaufkommen Hamburgs könnte jedenfalls, so haben es Initiativen von Hunderten europäischer Städte in den vergangenen Jahren gezeigt, schon durch ein schlichtes und billiges Paket integrierter Fahrradförderungsmaßnahmen nachhaltig gesteigert werden: durch durchgehende Velorouten, Kreuzungsumbau, Fahrradstreifen, Parkplatzrestriktionen, gezielte betriebliche Fahrradkonzepte, Fahrradhäuschen und Fahrradservicestationen an Bahnhöfen.

Die Unterlagen für den Beitritt Hamburgs zum Fahrradnetzwerk schlummern schon seit Monaten in der Ablage der Baubehörde. Entschieden ist wieder mal noch nichts. Ein ADFC-Lobbyist zur taz: „Vielleicht tut man sich dort ja deswegen so schwer, weil man befürchtet, man müsse danach tatsächlich etwas für den Radverkehr tun.“ Schließlich ist das Fahrradnetzwerk auch Ausdruck einer stetig wachsenden Lobby- und Organisationskraft der zweirädrigen Menschenkraftmaschine. CFC ist ein Projekt der Europäischen Fahrrad-Vereinigung (ECF), die mittlerweile auch in Brüssel sehr erfolgreiche Fahrradlobbypolitik betreibt.

Dieser Erfolg läßt auch die Großen nicht ruhen: Der Beinahe-Monopolist und Fahrradtech-Multi Shimano sponsert ganz ungeniert in den europäischen Städteclub. Die Begründung: „Das Fahrrad wird überall in Europa wieder an Bedeutung gewinnen. CFC ist eine Investition in eine umweltfreundliche Verkehrszukunft. Deshalb machen wir mit.“

Die Nachfrageseite scheint dies zu bestätigen: Nach der Mountain- und Trekkingbike-Welle der vergangenen Jahre sind plötzlich City-Bikes, Fahrradanhänger und Lastenfahrräder in.