Sanssouci
: Vorschlag

■ L'amour etc. Die Diva Zazie de Paris in der Bar jeder Vernunft

Majestätisch schreitet sie zum Mikrofon. Die rote Mähne leuchtet, der Blick schweift kalt und männermordend über das Publikum. Eine Diva, keine Frage. Die Sängerin und Schauspielerin Zazie de Paris ist in Zadeks großen Revuen aufgetreten, hat mit Regisseuren wie Wieland Speck und Werner Schroeter zusammengearbeitet und sich in der Hamburger und Berliner Kleinkunstszene getummelt. Ihr drittes Soloprogramm „Die Wiederherstellung einer Diva“ verbindet einzelne Chansons mit der kleinen Geschichte von einer armen Diva, die aus Not Teller spülen muß, sich vom Montmartre zur Place Pigalle treiben läßt, ins Gefängnis wandert und doch immer an die Liebe glaubt. Mit Edith Piaf sieht die Heldin „La vie en rose“, mit Jacques Prévert jubelt sie über die Schönheit von Paris. Madame Zazie hat eine herrlich volltönende, kellertiefe Stimme. Allerdings singt sie fast alle Chansons mit dem gleichen schwelgerischen Timbre, am Ende bricht sie meist rauh ab: „Voilà!“ So wirkt das Programm teilweise recht eintönig. Alles dreht sich um die ewige Dreiheit aus l'amour, la mélancolie und la musique. Gelinde gesagt schlecht vorbereitet wirken ihre Ansagen zwischen den Songs, wenn auch ihr ganz spezielles Denglish bisweilen für lustige Überraschungen sorgt: „The Diva is schwitzing!“

Die zweite Hälfte ist etwas abwechslungsreicher: Madame Zazie, nun im Herrenanzug und mit aufgemalten Koteletten, schreit aggressiv Weills Kanonensong heraus oder brummt fast so verführerisch wie die Dietrich: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt!“ Die üppige Chansonette gestikuliert sparsam, bei einem Liebeslied kommen sich ihre Hände am Mikrofon langsam näher, umschlingen einander – das genügt schon. Das hervorragende Begleittrio aus Geige (Jutta Hoppe), Akkordeon (Jacob Neubauer) und Baß würde sie hoffnungslos in den Hintergrund drängen, dürften die Musiker sich nicht in zwei Ouvertüren ein bißchen selbst darstellen. Trotz aller musikalischen Perfektion aber fehlt der Aufführung etwas – ein bißchen Originalität, eine schräge Idee, kurz: ein „je ne sais quoi“, wie Marlene Dietrich so treffend sang. Zazie wäre gewiß mehr eingefallen, wenn sie gewollt hätte. Die Diva hat es sich allzu sorglos auf ihren Lorbeeren bequem gemacht. Miriam Hoffmeyer

Heute und morgen jeweils 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24, Wilmersdorf, Tel. 883 11 67