EWiG auf Sendung

■ Kein Abschied in Sicht: Heute wird Hans Joachim Kulenkampff 75. Munter werkelt er an seinem x-ten Comeback

Mit den runden Geburtstagen ist das so eine Sache. Allzu leicht geraten die Elogen auf altgediente Stars zu vorzeitigen Nachrufen: „Hatte seine größten Erfolge ... machte sich verdient ...“ dichten die Gazetten und schreiben den Star damit letztlich doch nur ab.

Diesmal ist es ganz anders: Hans Joachim Kulenkampff, der heute 75. wird, hat sich soeben wieder ganz nach vorn schreiben lassen. Die ARD plant ein Revival der legendären Spielshow „Einer wird gewinnen“ – zwar nur am Nachmittag, aber mit viel Vorschußlorbeeren für den Moderator, der die hart umkämpfte Zeitschiene nun mit neuem (altem?) Glanz erfüllen soll.

Womit wir nun also doch die Zeitreise antreten müssen – zurück in eine Epoche der Fernsehgeschichte, als unter dem Logo der ARD noch schlicht „Deutsches Fernsehen“ stand – und die Konkurrenz allein darin bestand, daß nicht alle einen Fernseher besaßen und man sich noch mit „bunten Abenden“ und Kinobesuchen die Zeit vertrieb. Recht planlos, aber beseelt von Kreativität (und diversen in Deutschland gänzlich unbekannten ausländischen Spielideen), stampften die Landesfunkhäuser eine Quizsendung nach der anderen aus dem Boden.

Als Moderatoren standen die Stars aus dem Radio zur Verfügung. Vor allem der Entertainer Peter Frankenfeld kam gleich gut ins Geschäft, aber auch der junge Bremer Schauspieler Kulenkampff schaffte schnell – mit kurzem Umweg über das Radio – den Einstieg ins TV-Business. Unzählige Formate wie „Wer gegen wen?“ (1953-56), „Zwei auf einem Pferd“ (1956/57) oder „Sieben auf einen Streich“ (1958/59) lösten sich ab, kaum mehr als ein Jahr Laufzeit gönnten die Macher sich und ihrem Publikum.

Da war es nicht leicht, immer wieder etwas „Straßenfegendes“ auf die Beine zu stellen, ohne sich auf dem Bildschirm zu verschleißen. Nur so ist es zu erklären, daß Kulenkampff, den seine Fans nur noch „Kuli“ nannten, bereits 1961 seinen Abschied als Quizmaster bekanntgab: Das Interesse der Zuschauer an seiner Person habe deutlich nachgelassen (die Einschaltquote war in diesem Jahr von 90 auf 86 Prozent gefallen), und überhaupt sei dies für einen Schauspieler gar keine vernünftige Beschäftigung.

Tatsächlich hat Hans Joachim Kulenkampff das Theaterspiel stets als sein zweites Standbein verstanden, obwohl es in der Öffentlichkeit bestenfalls als Spielbein wahrgenommen wurde. Denn schon drei Jahre nach seinem Abschied feierte Kuli in der ARD seinen größten Erfolg: Mit der Eurovisionsshow „Einer wird gewinnen“ (kurz EWG) war er – Unterbrechungen und Rücktritte eingerechnet – 23 Jahre lang erfolgreich. Die Spielidee, an der der Vielreisende selbst mitgewirkt hatte, war simpel, aber äußerst einleuchtend. Je vier Frauen und Männer aus acht europäischen Ländern traten im Wettkampf gegeneinander an und stellten ihr Allgemeinwissen unter Beweis. Besonders die Gäste aus dem Ausland hatten dabei gelegentlich mit Kulis Schlagfertigkeit zu kämpfen: Nicht uncharmant, aber immer zu ironischen Brechungen aufgelegt, führte der Quizmaster seine Kandidaten gelegentlich aufs Glatteis, wenn sie zum Beispiel großformatige Eifelturmmodelle im Eifer des Gefechts nach London schoben.

Zudem betrieb der Showmaster seine eigene Show mit dem Spiel. Munter improvisierte er lange Monologe, die ihn schon bald zum Überziehungskönig machten. Anders als Hans Rosenthal, Peter Frankenfeld oder Joachim Fuchsberger schien er das Spiel nicht allzu ernst zu nehmen, sondern lieber die Galerie mit seinem Charme zu bezaubern. Vor allem dieser Gestus schien seinen Erfolg auszumachen, war doch das Medium, in dem er agierte, immer noch als „Pantoffelkino“ verunglimpft.

Als „EWG“ 1987 – vorerst endgültig – eingestellt wurde, schien die Zeit der Pioniere vorüber. Zwar erzielten die alten Shows wie „Dalli-Dalli“ oder „Was bin ich?“ immer noch beachtliche Einschaltquoten, aber mit Frank Elstners „Wetten, daß“, Alfred Bioleks „Mensch Meier“ oder gar Mike Krügers „4 gegen Willi“ hatten sich neue Stars und neue Spielideen etabliert. Kulenkampff verlegte sich auf die Rolle des Grandseignieurs, verlas zum ARD-Programmschluß (den es damals noch gab!) seine „Nachtgedanken“ und verkündete schließlich, dem Fernsehen nun nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Bis man beim „Großen Preis“ (ZDF) einen Nachfolger für Wim Thoelke suchte, der sich aus Altersgründen zurückziehen wollte. Da war der noch ältere Kuli gerne bereit, in die Lücke zu springen. Nun also ist er wieder einmal im Gespräch, und das soll uns freuen. Denn wenn das Nachmittagsprogramm der ARD durch Kulis Überziehungsgewohnheiten durcheinandergerät, kann das für den Programmfluß doch nur dienlich sein. Klaudia Brunst