■ Querspalte
: Oh, oh, Olympia!

Die Straßenführung entlang der Olympia-Feuerstaffelroute wird Ihnen präsentiert von Texaco. Die Handys der als Begleitung eingesetzten Schutzpersonen werden Ihnen präsentiert von Motorola. Die Hotelzimmer entlang der Strecke werden Ihnen präsentiert von Hollyday Inn, die Begleitfahrzeuge von BMW. Die Flüge der Staffelläufer und Organisatoren werden ihnen präsentiert von Delta Airlines. Die Papiertaschentücher der Begleitfahrzeuge zur Abwischung der Schweißabsonderung der Läufer der Feuerstaffel der Olympischen Flamme werden Ihnen ... Was ist, wenn das Verlesen der Sponsoren länger dauert als der olympische Wettkampf? Dann brauchen wir Schreihals Dieter-Thomas Heck!

Sie merken: Olympia ist wieder da. Die freie Jugend der Welt trifft sich zum edlen Wettstreit in der Manege von Atlanta. Hoch elektrisierend ist schon der Zug der olympischen Flamme quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika. 1936 haben Goebbels und Carl Diem den Fackellauf erfunden, jetzt erfährt er seine höchste Vollendung mit Coca-Cola als Generalsponsor für 12 Millionen Dollar und obigen Kleinsponsoren.

Die Lauftechnik der Fackelträger, die Ästhetik ihrer kantigen Gesichter, der Kampf um jeden Zentimeter amerikanischen Boden – wir sind live dabei. Werden sie es schaffen, werden sie ankommen? Oder wird sie eines der gefürchteten kalifornischen Erdbeben aufhalten, ein Amokschütze, der Ku-Klux-Clan, die Anti-Abtreibungs-Fanatiker, die Jünger des Scheichs Rahman oder Berliner Autonome? Für Spannung ist täglich gesorgt, wenn jeder Schritt der 10.000 Staffelläufer durch 42 amerikanische Bundesstaaten 84 Tage lang im US-TV übertragen wird.

Eine kleine Bitte vielleicht noch: Mach doch, lieber Gott, daß es ab Samstag regnet, daß es gießt, daß sich sechs bis acht hochdurchfeuchtete Sturmtiefs – präsentiert von Knirps – über Los Angeles vereinigen und sich sintflutartig entschütten! Laß sie ersaufen mit ihrer Fackel! Nur dies eine Mal! Bitte!

Manfred Kriener