Entwicklungsstaaten beteiligen, nicht ausbeuten

■ Die UN-Handelskonferenz droht in einer Strukturdebatte zu versinken

Johannesburg (taz) – Wenn heute zum ersten Mal in Südafrika eine UNO-Konferenz eröffnet wird, gibt es zumindest anfangs etwas zu feiern. UN-Generalsekretär Butros Ghali wird gemeinsam mit Präsident Nelson Mandela an der zentralen Feier zum Jahrestag der ersten freien Wahlen in Pretoria teilnehmen, in Südafrika ein Staatsfeiertag. In Pretoria werden sich heute vormittag Staatsoberhäupter aus aller Welt mit dem Präsidenten treffen, ehe er am Nachmittag gemeinsam mit Ghali die 9. Unctad-Konferenz (UN- Konferenz für Handel und Entwicklung) in Midrand bei Johannesburg eröffnet.

Zwischen 2.500 und 3.000 Delegierte werden zu der Konferenz erwartet, die bis zum 11. Mai dauern und rund 7 Millionen Mark kosten wird. Südafrika, immer noch ein Neuling auf dem internationalen Parkett, betrachtet es als große Ehre, die Konferenz austragen zu dürfen. Zugleich wird Südafrika damit in den nächsten vier Jahren die Präsidentschaft in der umstrittenen Organisation übernehmen. Beschäftigen soll sich die Konferenz in den kommenden zwei Wochen mit den Generalthemen Globalisierung und Liberalisierung des Weltmarktes. Im Mittelpunkt sollen dabei die rund zwei Milliarden Menschen in den 48 am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) der Welt stehen. Sie sind von dieser Entwicklung vollkommen abgeschnitten. Die meisten dieser Länder liegen in Schwarzafrika, und seit der Demokratisierung in Südafrika strömen jährlich Hunderttausende von Armutsflüchtlingen ans Kap, in der Hoffnung, dort Arbeit zu finden.

Südafrika will deshalb neue globale Partnerschaften, die es den Entwicklungsländern möglich machen, von der neuen Weltordnung zu profitieren. Wie die Globalisierung für die Ärmsten der Armen nutzbar gemacht werden kann, ohne zugleich ihre Gefahren zu übersehen, soll auch im Mittelpunkt der am kommenden Dienstag beginnenden Generaldebatte der Konferenz stehen. Doch das Thema droht in Debatten um eine organisatorische Neustrukturierung und dem generellen Streit um ihren Sinn und Zweck unterzugehen. Seit der Auflösung der Blöcke, seit der Verabschiedung von Gatt und der Gründung der WTO (Welthandelsorganisation) der UNO wird die Unctad vor allem von den Industriestaaten für überflüssig gehalten. Die Amerikaner würden sie am liebsten sofort abschaffen. Die Befürworter der Unctad halten sie dagegen für eine wichtige Ergänzung der WTO, die den Entwicklungsländern eine Plattform biete. Dieses Problem steht in Midrand nicht offiziell zur Debatte, Unctad-Generalsekretär Rubens Ricupero hat statt dessen bereits Vorschläge zur Straffung veröffentlicht: Die bisher neun Abteilungen sollen auf vier verschlankt werden. Er verspricht sich davon eine Renaissance der Organisation und daß die Debatte um deren Abschaffung endlich aufhört. Das will auch eine Gruppe von regierungsunabhängigen Organisationen (NGO), die seit zwei Tagen eine Gegenkonferenz abhält – ein paar Kilometer von Midrand entfernt und fast unbemerkt von der Presse. Seit Mittwoch tagen dort NGOs aus afrikanischen Staaten; Organisationen aus anderen Teilen der Welt sollten gestern eintreffen. „Wir wollen auch, daß Unctad gestärkt wird“, sagt Hormeku Tetteh aus Ghana, der im Afrika-Sekretariat von „Third World Network“ sitzt, „aber wir wollen auch die Risiken der hemmungslosen Liberalisierung für Afrika deutlich machen.“ Auch auf der Gegenkonferenz wird die Integration der armen Länder Afrikas in den Weltmarkt ohne Ausverkauf an ausländische Investoren diskutiert.

Die Regierungen, so meint Tetteh, müßten dafür sorgen, daß Investoren gezielt in Wirtschaftszweige investieren, die auf heimischen Ressourcen basieren und der eigenen Bevölkerung zugute kommen. Eine „Afrika-Deklaration“ soll in die offizielle Konferenz eingereicht werden. Kordula Doerfler