PR-Debakel in Nahost

■ Die USA betreiben nicht mehr als Krisenmanagement

Auf den ersten Blick hat alles im Sinne der USA funktioniert, war Warren Christophers Krisenmanagement erfolgreich. Die Hisbollah feuert – vorerst – keine Raketen mehr auf israelische Zivilisten. Israel feuert – vorerst – nicht mehr auf zivile Ziele im Südlibanon. Syrien, das die Hisbollah-Aktionen unterbinden könnte, will mithelfen, den Waffenstillstand zu überwachen. Schimon Peres, die einstige „Taube“ in Israels Politik, hat sein Initiationsritual als „Falke“ absolviert.

Auf den zweiten Blick war es eben nur das: Krisenmanagement, das zudem erst ausgelöst wurde, als die Fernsehbilder der Leichen libanesischer Zivilisten in Flüchtlingscontainern der UNO über die Bildschirme flimmerten – und die Operation „Früchte des Zorns“ zu einem internationalen PR- Debakel zu werden drohte.

Ob es in alte Weltbilder paßt oder nicht: Die außenpolitischen Handlungen der USA haben nicht nur politisches, sondern auch moralisches Gewicht. Doch in den vergangenen Wochen ist Bill Clinton offenbar entfallen, daß Moral nicht nur um der Moral willen schön ist, sondern daß man mit ihr auch gute Politik machen kann. Niemand kann Israel allen Ernstes das Recht absprechen, sich gegen Raketenbeschuß auf die eigene Bevölkerung zu wehren. Aber die USA hätten Israel sehr wohl klarmachen müssen, daß diese gezielte Überreaktion auf Kosten der libanesischen Zivilbevölkerung nicht hinnehmbar ist. Das wäre nicht nur unter moralischen, sondern auch unter politischen Gesichtspunkten richtig gewesen – nicht zuletzt, weil man der arabischen Öffentlichkeit klargemacht hätte, daß man libanesische Zivilisten nicht als „Nebenschäden“ für ein größeres Ziel sieht.

Aber das Bedürfnis, Bündnispartnern in Wahlkämpfen freie Hand zu lassen, wiegt in Washington derzeit schwerer als jedes moralische Prinzip. Anders läßt sich kaum erklären, daß Clinton bei seinem Moskaubesuch dem Krieg in Tschetschenien durch einen Vergleich mit dem amerikanischen Bürgerkrieg die Absolution erteilte. Boris Jelzin auch nur in die Nähe von Abraham Lincoln zu rücken, dürfte nicht nur amerikanischen Historikern die Sprache verschlagen – davon abgesehen, daß die russischen Wähler über eine solche Analogie nur lachen können. Andrea Böhm, Washington