Frau aus dem Fenster geschubst

■ 29jähriger wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung vor Gericht

Für einen Moment lang herrscht betretene Stille im Gerichtssaal. Der Richter senkt den Blick. Der Staatsanwalt dreht den Kopf zur Seite. Eine Schöffin blickt aus dem Fenster. Der Angeklagte, der sich vor dem Landgericht wegen sexueller Nötigung und schwerer Körperverletzung verantworten muß, lehnt sich zurück. Soeben hat er sich bei dem Opfer, einem 19jährigen Mädchen, entschuldigt. Doch daß er seine Tat ehrlich bereut, scheint ihm im Gerichtssaal niemand zu glauben.

Zu brutal ist er nach Aussagen der Zeugin vorgegangen. Die Schilderung des Opfers ist den Prozeßbeteiligten offenbar unter die Haut gegangen. Unter Weinkrämpfen hat sie dem Gericht geschildert, wie der Angeklagte im Juni des vergangenen Jahres in ihre Wohnung in Bremen-Nord eindrungen ist. Mit Schlägen habe er sie gezwungen, sich auszuziehen. „Du kommst hier nicht raus“, soll der Angeklagte dem Mädchen gedroht haben. „Ich weiß, wo Deine Familie wohnt und Deine Schwester zur Schule geht...“ Aus Angst habe sie sich ausgezogen, erzählt die Angeklagte. Plötzlich sei ihr eine Idee gekommen: „Ich hab' gesagt, daß ich dringend auf Toilette muß“. „Dann mach' entweder in die Ecke oder aus dem Fenster“, soll der mutmaßliche Täter schroff zurückgegeben haben. „Ich hab' mich dann auf die Fensterbank gesetzt. Ich dachte, vielleicht hört mich ja jemand, wenn ich um Hilfe schreie“, preßt die junge Frau hervor. „Und dann hat er..., hat er...“ Die Schultern der jungen Frau fangen wild an zu zittern. Sie schlägt die Hände vors Gesicht. Ihre Anwältin zückt ein weißes Papiertaschentuch. „Dann hat er mich geschubst“, schluchzt die junge Frau.

Sieben Meter tief fiel die Frau und prallte auf den Beton des Hinterhofs. Wirbelsäulenbruch. Mehrere Operationen. Wochenlange Krankenhausaufenthalte. Die junge Frau humpelt heute noch. Ob sie je wieder richtig laufen kann, weiß kein Arzt. Nachts kann sie nicht schlafen. Immer wieder wird sie von Alpträumen hochgeschreckt. „Wenn Sie diese Folgen so hören, was empfinden Sie?“ will der Richter vom Angeklagten wissen. Der 29jährige zuckt mit den Achseln. „Das kann schon so gewesen sein“, räumt er ein. „Aber daß ich die Frau aus dem Fenster gestoßen hab', glaub' ich nich.“ Er habe an diesem Tag einfach zu viel getrunken. Weinbrand, Schnaps, Bier und anderen „Bölkstoff“. „Ich war so voll, daß ich kaum laufen konnte“, entschuldigt er sich vor Gericht. An die Tat könne er sich nicht erinnern. „Aber ich hatte schon öfters Probleme in meinem Leben. Ne' Ohrfeige hab' ich schon mal an ne' Frau ausgeteilt. Aber das war's auch. Würd' mich wundern, wenn es hier anders war.“

„Wie kam es dann zu dem Sturz“, hakt der Richter nach. „Kann höchstens sein, daß ich der solche Angst eingejagt hab', daß sie selber runter is'.“ „Da fragt man sich doch, was schlimmer ist. Jemanden zu schubsen, oder ihn so unter psychischen Druck zu setzen, daß er völlig nackt aus dem Fenster springt“, sagt der Richter und sieht dem Mann direkt ins Gesicht. Der Angeklagte zuckt mit den Achseln. Der Prozeß wird fortgesetzt. kes