Wer nicht mitzieht, ist ab Mai arbeitslos

■ Betriebsrat beschwört Vulkanesen, heute in Auffanggsellschaft einzusteigen

Nur 1000 der noch mehr als 2000 Vulkanesen werden am 2. Mai zur Arbeit auf der Vegesacker Vulkan-Werft antreten dürfen. Das sagte Geschäftsführer Friedo Ulpts gestern bei der „letzten Betriebsversammlung der Bremer Vulkan Werft GmbH“. Denn am 1. Mai sei Konkurs. Noch bis Juni gebe es Arbeit an der Costa 2 und zwei Containerschiffen.

Neue Aufträge seien aber „konkret in Aussicht“, wenn sich die Beschäftigten auf das ausgehandelte Auffangmodell einließen und die Kosten damit entscheidend gesenkt werden könnten. Denn die Konkursverwalter würden keine verlustbringenden Aufträge mehr hereinnehmen.

2000 Vulkan-Beschäftigte, Arbeiter im Blaumann neben Angestellten im Anzug, drängten sich gestern mittag in der Kantine. Sie wollten sich, wie zuvor schon ihre Bremerhavener Kollegen der Schichau-Seebeck-Werft, von Betriebsrat und Arbeitnehmeranwälten aufklären lassen über das Auffangmodell, das ihnen für ein Jahr weiter Lohn und den Werften das Überleben sichern soll. Die Arbeiter sollen in einer Beschäftigungsgesellschaft namens Mypegasus 60 Prozent des letzten Nettolohns als „Kurzarbeitergeld null“ bekommen, bei Bedarf einmalig an die Werften ausgeliehen werden und dabei eine 30-Stunden Woche ohne Lohnausgleich schaffen.

80 Millionen Mark habe die Bundesanstalt für Arbeit für „strukturelles Kurzarbeitergeld“ und zur notwendigen Aufstockung der Qualifizierungskontingente der Bremer Arbeitsämter zugesagt, berichtete Anwalt Peter Hunnekuhl, mit seinem Partner Jörg Stein Gesellschafter von Mypegasus. Denn wer nicht auf den Werften gebraucht werde, soll weitergebildet werden. Außerdem werde das Land Bremen einen Teil der sogenannten Remanenzkosten - Urlaubsgeld, Krankengeld etc.- verbürgen. Die Rede war gestern von einem Betrag zwischen 10 und 30 Millionen Mark. Heute entscheiden darüber die Bürgerschaftssausschüsse.

Betriebsräte, IG-Metall-Vertreter und Arbeitnehmeranwälte beschworen die Arbeiter, sich auf den „Dreiecksvertrag“ einzulassen: Mit einer Unterschrift raus aus ihrem alten Arbeitsvertrag und rein in die Beschäftigungsgesellschaft. „Die Betriebsräte werden als erste unterschreiben“, versicherte Betriebsratschef Hasso Kulla.

„Wer nicht mitzieht, ist ab 1. Mai arbeitslos“, erklärte Anwalt Jörg Stein. Auf Kündigungsschutz und eine Abfindung zu pochen, sei aussichtslos. Die Konkursmasse reiche nicht aus, die Ansprüche zu erfüllen. Wenn zuviele Arbeitnehmer dennoch darauf beharren sollten, dann werde das Verfahren „umgehauen“. Um die in diesem Falle entstehenden zusätzlichen hohen Kosten zu vermeiden, werde der Konkursverwalter die „Reißleine ziehen“ und die Betriebe stillegen.

Die Pistole derart auf der Brust, bleibt den Vulkan- und Schichau-Arbeitern wohl keine Wahl. Ein Schiffbauer, der in bester Marxismus-Manier die Ausbeuterei des Finanzkapitals beklagte, bekam zwar Beifall, doch den Vulkanesen fehlt im Existenzkampf die Zeit für Systemkritik. Heute müssen tausende von Verträgen unterschrieben werden.

Das Schicksal der 660 Beschäftigten der Lloyd-Werft, für die immer noch die Chance auf einen Vergleich besteht, ist offenbar noch unklar: Hunnekuhl sagte, auch die Lloyd-Arbeiter würden von Mypegasus übernommen. Von der Werft verlautet das Gegenteil. jof