Knirpse sperren LehrerInnen aus

■ Unterrichtsboykott an allen Grundschulen im Bremer Osten / „BringFriede zum FC Bayern“

An allen sechs Grundschulen im Bremer Osten ist schulfrei. Gestern starteten die Knirpse und ihre Eltern einen Unterrichtsboykott. In den Schulen Andernacher, Düsseldorfer, Uphuser Straße, denen am Pfälzer und am Ellenerbrokweg und der Grundschule Osterholz wurden dafür Transparente gemalt, was die Pinsel hergaben. Das schönste schaffte eine tadellose Verbindung von Fußball und Politik: „Otto, komm zurück, BringFriede zum FC Bayern“. Das Sparprogramm im Schulbereich würde dazu führen, daß viele Betreuungs- und Förderangebote gerade für die SchülerInnen wegfallen müßten, die es am schwersten haben, so die Kritik. Und einige Grundschulen müßten sich darauf einstellen, daß sie für manche erste Klasse im nächsten Schuljahr keine Klassenlehrerin haben. Heute setzten die Kinder ihre Protestaktionen mit einem Sternmarsch zum Ortsamt fort, eine Elterndelegation will beim Senat vorsprechen.

Der Bremer Osten entwickelt sich immer mehr zum sozialen Brennpunkt, „viele unserer Kinder werden sich selbst überlassen“, sagt Gaby Nickel, Schulelternsprecherin am Ellenerbrokweg. „Viele Eltern sind nicht nur arbeits- sondern auch perspektivlos und nicht in der Lage, mit ihren Kindern umzugehen.“ Mit erheblichen Folgen für den Schulalltag. „Die Anteile von Erziehung und Unterricht liegen mittlerweile bei 50:50“, sagt der Ellenerbrok-Schulleiter Harald Bloch. Da ist seine Schule kein Einzelfall. „Bei uns stehen viele Kinder schon um viertel vor sieben vor der Tür, weil sie zu Hause rausgeschmissen werden, und andere dürfen sich vor 15 Uhr nicht wieder blicken lassen“, erzählt Lizzie Most-Werbeck, Elternsprecherin von der Düsseldorfer Straße.

Noch sichert die Personalausstattung einen halbwegs geregeltes Schulleben, aber mit dem Ende des Schuljahres laufen einige Verträge aus, die im letzten Jahr nur mit einem Jahr Laufzeit geschlossen worden waren. Diese LehrerInnen zum Teil in ersten Klassen eingesetzt – und niemand weiß, wie die Klassen weitergeführt werden können.

Noch dramatischer ist allerdings die Lage bei der Betreuung der Problemfälle. Ursprünglich war geplant, die „Sonderbedarfe“ der Schulen ganz einzustampfen. Das hätte den Osten besonders hart getroffen. Über diese Sonderbedarfe sollen zum Beispiel SchülerInnen gefördert werden, die nicht Deutsch als Muttersprache gelernt haben. Das sind beispielsweise an der Grundschule Pfälzer Weg rund zwei Drittel, davon jeweils zur Hälfte Ausländer- und Aussiedlerkinder. Die Sonderbedarfe werden nun nicht angetastet, dafür werden flächendeckend die „Grundbedarfe“ um drei Prozent gekürzt. Doch auch damit fallen Fördermaßnahmen flach. Wenn sich an den Sparbeschlüssen nichts ändert, dann steht beispielsweise für die Kinder aus der Schule Düsseldorfer Straße die Betreuung nach dem Unterricht auf der Kippe, sagt Lizzie Most-Werbeck. „Die es am nötigsten haben, läßt man allein“, ärgert sich Gaby Nickel.

Die Reaktionen der Bildungsbehörde auf den Protest sind eher ernüchternd. Daß sich an den Kürzungen der Grundversorgung etwas ändert, das sei unwahrscheinlich, sagte gestern eine Sprecherin der Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs. „Aber unser erklärtes Ziel ist es, die Stellen zu entfristen.“ Die Senatorin selbst ließ mitteilen, daß die Grundschulen in der vergangenen Jahren noch „verhältnismäßig gut weggekommnen“ seien. J.G.