„Toll! Ich habe einen Freund!“

■ Roger Willemsens Dokumentarfilmdebüt: „Non Stop – Eine Reise mit Michel Petrucciani“ (Mi., 23.45 Uhr, ZDF)

Es war der Beginn einer großartigen Männerfreundschaft. 1994 lernte er ihn kennen – und seither wird der TV-Talker Roger Willemsen nicht müde, den Pianisten Michel Petrucciani als größten Jazzmusiker der Gegenwart zu feiern. Vorzugsweise freitags, in seiner Sendung „Willemsens Woche“, in der das kleinwüchsige Tastentalent zu Rogers maßloser Freude die eine oder andere Improvisation zum besten gibt.

Morgen kann sich Petruccianis Fangemeinde freuen, noch etwas mehr über den Musiker zu erfahren. Der für seine Interviews hochgelobte Journalist und „Goldene Kabel“-Preisträger Roger Willemsen hat weder Kosten noch Mühen gescheut, um in Eigenproduktion den Musiker in die Metropolen der Welt und die entlegenen Winkel der Petruccianischen Erholungsgebiete zu begleiten. Auch mit überraschend auftauchenden Prominenten wurde nicht gegeizt, und so werden wir Zeuge, daß Dennis Hopper und Petrucciani sich nichts zu sagen haben. Überhaupt erfährt man de facto wenig über den Protagonisten, etwa über seine Kindheit oder seine Behinderung.

Dafür sieht man Roger dekorativ auf Stufen gefläzt, durch Paris schlaksend, im Wald schlendern, im Tonstudio lauschend oder liegend in Amerika. Ist er einmal 20 Sekunden nicht im Bild, fragt man sich voller Sorge, ob ihm etwas zugestoßen sei. Aber keine Angst: Der Mann taucht immer wieder auf. Und nach kurzem schon möchte man ihm zurufen: „Ja, Roger, ist gut. Wir haben es kapiert, du hast einen Freund!“

Eine solch tiefe Freundschaft gefährdet Roger in seinem Regiedebüt natürlich nicht gern, und so bleibt selbst die Aussage Petruccianis, er würde niemals mit einer Frau schlafen, die an der gleichen Behinderung leidet wie er, so lang im Raume stehen, bis sie hinter schönen Bildern – etwa einem im Gegenlicht hingekitschten Sonnenuntergang – verblaßt. Zum Ausgleich fällt Roger spontan im Gespräch mit Charlotte Rampling ein, daß es doch klasse wäre, die Schlußszene vom Helikopter aus zu drehen, während Petrucciani auf dem Dach eines Hochhauses spielt. Gesagt, getan: Starke Kerle wuchten den Flügel viele Stockwerke hoch, das Playback zu „Looking Up“ erklingt, und der Hubschrauber fliegt so nahe an das Hochhaus heran, daß Anwohner der New Yorker Polizei angreifende Terroristen melden. Was Roger wiederum der Presse steckt.

Armer Petrucciani. Wer so einen Freund hat, braucht keine Feinde mehr. Nina Törtl