Wurfanker und Krähenfüße gegen Bahnanlagen

■ BI Lüchow-Dannenberg distanziert sich von militanten Anti-AKW-Aktionen

Hannover (taz/dpa/AFP/AP) Auch gestern gab es wieder Anschläge auf die Bahn. Unbekannte haben in der Nacht zum Montag an zwei Bahnstrecken im Großraum Hannover mehrere Kabelstränge zerstört. Wegen defekter Signalanlagen kamen mehrere tausend Reisende zu spät an ihr Ziel.

Der schwerste Zwischenfall ereignete sich bei Detmold auf der Strecke Herford–Altenbeken. Wie die Polizei am Montag mitteilte, fuhr bereits am Sonntag früh ein Arbeitszug auf eine aus Betonplatten, Eisenteilen und Signaldraht bestehende „Auffahrtrampe“, die Unbekannte in der Nacht zuvor zwischen den Schienen angelegt hatten. Der Schaden betrage mindestens 100.000 Mark, sagte ein Polizeisprecher. Offenbar wollten die Täter einen Zug zum Entgleisen bringen. An einem Schalthäuschen wurden mit schwarzer Farbe aufgemalte Symbole, darunter ein Zeichen für Radioaktivität, vorgefunden.

Die Anti-AKW-Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg hat gestern eindringlich vor weiteren militanten Aktionen gewarnt. „Diese Anschläge helfen uns nicht, sondern kosten uns im Gegenteil nur Sympathien“, erklärte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Durch den Anschlag auf die Bahnstrecke Lüneburg–Dannenberg, bei dem am Samstag ein großes Loch in den Bahndamm gerissen wurde, seien Menschen in Gefahr gebracht worden, sagte Ehmke. „Ein Zugunglück nach diesem Anschlag wäre nicht nur eine Katastrophe für die Bahnreisenden, sondern auch eine politische Katastrophe für die Castor-Gegner gewesen“, kritisierte der BI-Sprecher die unbekannten Täter. Der geplante Castor-Transport nach Gorleben lasse sich nur noch politisch verhindern – durch eine Demonstration mit vielen Teilnehmern am kommenden Samstag in Dannenberg.

Der BI-Sprecher warnte allerdings auch davor, alle derzeitigen Attacken gegen Einrichtungen der Bahn vorschnell AKW-Gegnern in die Schuhe zu schieben. Schon im letzten Jahr habe die Polizei fälschlicherweise AKW-Gegner verantwortlich gemacht für mehrere inzwischen aufgeklärte Anschläge, die auf einen Bahnerpresser zurückgingen. Ehmke schloß daher auch dieses Mal „Trittbrettfahrer, die die jetzige Situation für ihre Ziele nutzen, oder gar Leute, die unseren Widerstand bewußt diskreditieren wollen“, nicht aus.

Seit gestern morgen halten vier Greenpeace-Aktivisten das Bahngleis zum stillgelegten Atomkraftwerk Würgassen bei Höxter in Westfalen besetzt. Sie hatten sich an Schienen anketten und festschweißen lassen. Die Polizei Höxter sah nach Angaben eines Sprechers „keinen Handlungsbedarf“. Auch Greenpeace distanzierte sich von militanten Aktionen, die Menschen in Gefahr brächten. ü.o.