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Das Sparpaket ist zwar geschnürt. Jetzt aber geht's um die Frage, was kommt durch? Gute Chancen haben die Rentenpläne, die Kürzungen der Krankenversicherungen, das Einfrieren des Arbeitslosengeldes. Schwieriger wird es bei den Steuerfragen,

Das Sparpaket ist zwar geschnürt.

Jetzt aber geht's um die Frage, was kommt durch? Gute Chancen haben die Rentenpläne, die Kürzungen der Krankenversicherungen, das Einfrieren des Arbeitslosengeldes. Schwieriger wird es bei den Steuerfragen, beim Kindergeld und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Opposition kündigt Widerstand an, und auch in den Reihen der Union gibt es Zweifler. Unterdessen planen die Gewerkschaften zum 1. Mai den geregelten Protest. Das Wort „Streik“ kommt in der Rede von IG-Metall-Chef Klaus Zwickel nicht vor.

Testfall für politischen Widerstand

Man hatte ihn fast schon vergessen, den 1. Mai, zumindest als Kampftag der Arbeiterklasse. In den vergangenen Jahren bevorzugten es die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Regel, an diesem Tag die Biergärten aufzusuchen. Ob das morgen anders wird, steht noch dahin. Aufgrund der massiven Sparpläne, die die Regierung erst vor wenigen Tagen aus der Schublade zog, sah sich der DGB gestern veranlaßt, einen neuen Aufruf für die diesjährigen Mai- Proteste zu verfassen: „Höchste Zeit für neue Zeiten“. Das Motto soll Tausende auf die Straßen locken. Wenn IG-Metall-Chef Klaus Zwickel morgen in Dortmund seine Rede hält, wird das Wort „Streik“ darin wohl nicht vorkommen. Die meisten Tarifverträge der Metallbranche laufen nämlich erst 1998 aus. Für Empörung bleibt dann immer noch Zeit.

Auch in der DGB-Zentrale glaubt niemand an einen 1. Mai der Millionen Gedemütigten. „Sicher machen wir deutlich, daß wir gegen das Sparpaket sind“, sagt Pressesprecherin Sabine Nehls. Nur scheint die Straße nicht der richtige Ort des Protests. Richtig wütend werden wollen die Gewerkschaften erst am kommenden Dienstag. Dann treffen sie sich mit Kirchen und Wohlfahrtsverbänden zu einem „Sozialgipfel“.

Ginge es nach den Bonner Sozialdemokraten, so müßte das Sparpaket samt und sonders eingestampft werden. Vollmundig erklärte der SPD-Fraktionsvize Rudolf Dreßler: „Wenn wir nun mit der Regierung mauscheln, sind wir hin. Jetzt muß es eine klare Konfrontation geben.“ Und Schleswig- Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis prophezeite: „Der Bundesrat wird alles tun, um die Schieflage zu verhindern.“ Die SPD ist gegen die Beschneidung der Lohnfortzahlung, die Aufweichung beim Kündigungsschutz, die Heraufsetzung des Rentenalters und die Vertagung der Kindergeld-Erhöhung. Vor allem beim letzten Punkt herrscht Einigkeit zwischen der Bonner Partei und den Ländern: Das Kindergeld soll trotz aller Sparbeschlüsse ab 1997 um 20 Mark je Kind erhöht werden. Die Chancen dafür sind gut. Immerhin hält die SPD die Mehrheit im Bundesrat.

Nicht alle Sparvorhaben sind – wie die Kindergeldregelung – im Bundesrat zustimmungspflichtig. Die Länder haben Einfluß bei allen Steuerfragen, beim Solidaritätszuschlag und bei der Sozialhilfe. Doch auch die Landeskassen sind leer, und die Koalition hofft, daß die SPD-Länderchefs aus Eigeninteresse keine Rücksicht auf den Konfrontationskurs ihrer Fraktion nehmen. Denn „was Geld in die Kassen der Länder bringt“, so meint FDP-Fraktionschef Hermann-Otto Solms, „wird sowieso durchkommen.“

Kohls Pläne bezüglich der Renten, beim Arbeitslosengeld, bei den gesetzlichen Krankenversicherungen und Kuren, sowie alle Eingriffe in das Arbeitsrecht können hingegen mit der Mehrheit der Regierungskoalition im Bundestag beschlossen werden. Der SPD sind die Hände gebunden. Das Zünglein an der Waage könnten einige Abgeordnete aus den Reihen der Regierungsfraktionen sein. Zwei Abgeordnete der FDP sowie fünf CDU-Politiker haben sich bei der Fraktionsabstimmung vergangenen Donnerstag gegen das Sparpaket ausgesprochen. Neun enthielten sich. Vor allem die auf 80 Prozent gekürzte Lohnfortzahlung für kranke Arbeitnehmer und die Aufweichung des Kündigungsschutzes bewegten die fünf abtrünnigen CDU-Politiker zu ihrem Nein – darunter auch den Vorsitzenden der Arbeitnehmerschaft der CDU (CDA), Rainer Eppelmann, und seinen CDA-Vize Walter Link. „Wir werden alle parlamentarischen Mittel nutzen, um dem Sparpaket seine Giftzähne zu ziehen“, betonte Eppelmann gestern. Eine pauschale Kürzung bei der Lohnfortzahlung sei der falsche Weg.

Eine Veränderung des Kündigungsschutzes lehnt die CDA rundweg ab. Sie setzt auf Nachverhandlungen des Sparpakets. Immerhin wird es nicht als Gesamtpaket den Bundestag passieren, sondern Gesetz für Gesetz. Im Parlament hat die Koalition nur eine Mehrheit von zehn Sitzen. Stimmen also nur fünf Abgeordnete gegen ein Gesetzesvorhaben, so wäre die Mehrheit nicht erreicht. Karin Flothmann/Annette Rogalla

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