Vulkan: Chance im Konkurs?

■ Die Konkursverwalter verbreiten Optimismus, die Bürgermeister Betroffenheit

„Ihre Vulkan-Aktie? Die können Sie einrahmen lassen“. Solche und ähnliche bittere Scherze machten gestern mittag in der Noch-Zentrale des Vulkan-Verbundes am Domshof die Runde, als die nun frischgebackenen Konkursverwalter Jobst Wellensiek und Wolfgang van Betteray am Tag der Arbeit der Journalisten-Schar die Hintergründe des Vulkan-Konkurses erläuterten.

Ja, man werde sobald wie möglich aus den teuren Büroräumen ausziehen, sagte Wellensiek. Auf der Vegesacker Vulkan-Werft sei Platz für die Mitarbeiter, die nun die Vulkan-Tochterfirmen abwickeln oder, wie etwa die Lübecker Flender-Werft, verkaufen müssen.

Die 850 Subventionsmillionen für die Ostwerften, die im zentralen Cash-Management des Konzerns versickert sind? „Die Ansprüche könnten im Konkursverfahren angemeldet werden“, so van Betteray. Gezahlt werde wohl nichts. Keineswegs deprimiert präsentierten sich Wellensiek und van Betteray. Und auch ein anderer schien erleichtert, daß die Hängepartie nun vorerst beendet und im Konkursverfahren eine tragfähige rechtliche Situation für die Vulkan-Gesellschaften gefunden ist. Vulkan-Vorstandschef Udo Wagner, im Februar als Retter begrüßt, war augenscheinlich froh, den Pleite-Konzern verlassen zu können.

Weniger entspannt ging es eine gute Stunde später im Rathaus zu. Das Bürgermeisterdoppel Henning Scherf und Ulrich Nölle stellte sich der Presse. Der Konkurs sei eine „dramatische Zuspitzung“, kommentierte Scherf. Auch ziemlich dramatisch für den Bremer Haushalt. 900 Millionen Mark habe das Land beim Vulkan verbürgt, gab Finanzsenator Nölle bekannt, davon seien 300 Millionen als „problematisch“ einzustufen.

Die Beschäftigungsgesellschaft eröffne „eine Chance“, nur ist sie offensichtlich nicht mit einer entscheidenden Stelle abgesprochen, und zwar mit Brüssel. Er wisse nicht, meinte Nölle, „inwieweit diese Zwischenlösung das EU-Recht tangiert“. In erster Linie sei nationales Recht beachtet worden. „Und das war schon kompliziert genug.“ Bei der Beschäftigungsgesellschaft „reicht es ja, wenn die nicht untersagt wird“, so Scherf. „Ich kenne niemanden in Brüssel, der uns auf die Finger haut.“

Für die einzelnen Vulkan Gesellschaften ist die Lage nach Auskunft der Konkursverwalter nicht hoffnungslos: Die Werften seien „im Kern sanierungsfähig“. Immerhin habe man mit dem italienischen Reeder Costa am Montag den Schiffbauvertrag für den Luxusliner Costa Viktoria abgeschlossen, ohne beim Preis nachzugeben.

Mit 200 Millionen Mark seien die Werften in Bremen und Bremerhaven halbwegs flottzu machen, sagte Wellensiek. Davon entfallen auf die Bremerhavener Betriebe Lloyd-Werft 17, auf Schichau-Seebeck 72 und auf Geeste Metallbau vier Millionen Mark. Bei Schichau etwa werden laut van Betteray „mehr als 1500“ der 1800 Arbeiter weiterhin gebraucht. Die Werft sei bis 1997 ausgelastet.

Mit der Beschäftigungsgesell-schaft, einer Idee der IG Metall, wie Wellensiek betonte, hätte man ein Jahr Zeit gewonnen. Die Suche nach einem Investor werde aber nicht einfach. Neue Aufträge gebe es genug, aber man müsse über die Preise verhandeln, weil ja nur noch kostendeckend gearbeitet werden solle.

Es sei sein Ziel, einen kleinen Verbund der Unterweser-Werften hinzukriegen, sagte Wellensiek. Konkurrenz zwischen den Werften sei unsinnig. Daß STN Atlas Elektronik als dynamisches Herz dieses Verbundes zur Verfügung steht, ist zweifelhaft. Zwar sei die „Perle“ des Konzerns durch den Konkurs nicht beschädigt worden. Sie dürfe aber nicht durch „belastendes Material“ befrachtet werden, sagte Wellensiek. Eine Kooperation mit den Werften sei wahrscheinlicher.

Von Henning Scherf und Ulrich Nölle war später auffällig wenig über die Verbund-Idee mit STN Atlas zu hören, die über Wochen und Monate von der Landesregierung und quer durch alle Bürgerschaftsfraktionen favorisiert worden war. Das Konzept für einen neuen Verbund müsse vor allem von den Konkursverwaltern gebastelt werden, „da ist die Politik nicht beteiligt“, sagte Nölle.

Überlebenskonzepte für den Schiffbau an der Unterweser seien entgegen anderslautender Gerüchte schon „relativ weit fortgschritten“, sagte Wellensiek. Man werde damit aber erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn diese abgestimmt und durchfinanziert seien. Traumgebilde seien genug in die Welt gesetzt worden. jof