DGB lud Diepgen bei Debatte aus

Einzelgewerkschaften drohten „Krawall“ an, wenn der Regierende Bürgermeister am 1. Mai zur Länderfusion spricht. DGB-Chefin Christiane Bretz entschuldigt sich bei Diepgen  ■ Von Dirk Wildt

Eklat am 1. Mai: Der DGB setzte gestern eine Podiumsdiskussion mit Eberhard Diepgen (CDU) zur Länderfusion ab. DGB-Landeschefin Christiane Bretz begründete die kurzfristige Entscheidung damit, daß andernfalls „viele Gewerkschaftsmitglieder gekommen wären, die uns nicht zu Wort kommen lassen wollten“. Ihr sei gestern vormittag aus der ÖTV signalisiert worden, es werde bei der zentralen 1.-Mai- Feier des DGB vor dem Roten Rathaus „Krawall“ geben.

Aus der Spitze der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) wurde die Drohung für den Fall bestätigt, daß Diepgen geredet hätte. Mitglieder der Gewerkschaft wie der PDS sollen auf lautstarke Proteste vorbereitet gewesen sein. Dem vom Landesbezirksvorstand des DGB eingeladenen Regierenden Bürgermeister hat Bretz erst „zehn Minuten“ vor der geplanten Diskussion abgesagt und sich „selbstverständlich für die Absage entschuldigt“, sagte die Gewerkschaftschefin.

Bereits vor drei Wochen hatten sich die HBV, die IG Medien sowie die IG Bau, Agrar, Umwelt (BAU) in einem gemeinsamen Brief bei der DGB-Spitze darüber beschwert, daß Diepgen zu der „Gesprächsrunde zur Länderfusion“ am 1. Mai eingeladen worden war. Der Landesbezirksvorstand hatte damals allerdings keinen Grund für eine Absage gesehen, da er „einhellig“ für die Debatte mit dem Regierungschef gewesen sei, sagte Bretz gestern. Auch nach dem Schreiben der drei Einzelgewerkschaften habe es „keine grundsätzlich kontroversen Vorstellungen“ gegeben. Daß man sich nun kurz vor der Veranstaltung anders entschieden habe, hänge mit dem angekündigten Protest zusammen.

Die Gesprächsrunde sollte aus dem Regierenden Bürgermeister, dem DGB-Bundesvorsitzenden Dieter Schulte, Christiane Bretz, der stellvertretenden ÖTV-Landeschefin Susanne Stumpenhusen, IG-Metall-Landeschef Hasso Düvel sowie Personal- und Betriebsräten zusammengesetzt sein.

Nach der Absage mischten sich die Podiumsteilnehmer schließlich unter das Gewerkschaftsvolk vor dem Roten Rathaus. Diepgen trank erst einmal einen halben Liter Bier. Zur überraschenden Absage sagte er: „Wir gehen lieber so zu den Leuten.“ Vor Würstchenbuden unterhielt sich der Regierungschef mit der Gewerkschaftsbasis über die Länderehe. Die Gäste der 1.-Mai-Feier wollten bei den Gesprächen wissen, was für und was gegen die Fusion spricht. Zu Pfiffen kam es dabei aber nicht. Eine 52jährige Frau, Mitglied in der ÖTV, begrüßte den Dialog vor Ort: „Wenn Diepgen vom Podium geredet hätte, wäre das an uns doch nur so vorbeigerauscht.“